Beschreibung
In der avantgardistischen Moderne verschwindet der Bezug auf christliche Vorstellungen und Denkfiguren nicht, auch wenn das (Kirchen-)Christentum mit Spott und Gelächter verabschiedet wird. An die hyperchristliche Struktur der Avantgarde zu erinnern ist notwendig, weil Begriffe wie 'säkulare Gesellschaft' und 'autonome Kunst' mittlerweile vor allem dazu dienen, den messianischen Glutkern emanzipatorischer Kritik zu neutralisieren. Brecht und Malraux, Brinkmann und Deleuze begegnen dem (Kultur-)Business der Moderne nur dort, wo sie es bekämpfen: 'Wir bedürfen eines Glaubens, was die Idioten natürlich zum Lachen bringt. Es ist kein Bedürfnis, an etwas anderes zu glauben. Wir müssen an diese Welt glauben - zu der auch die Idioten gehören.' (Gilles Deleuze)
Autorenportrait
Clemens Pornschlegel ist Professor für neuere deutsche Literatur an der LMU München mit den Arbeitsschwerpunkten: politische Ästhetik, religiöse Grundlagen der Moderne. Er ist Mitglied des 'Institut d'études avancées' in Nantes und arbeitet im Schwerpunktprogramm 'Global capitalism' des 'Center for advanced Studies' der LMU München. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen: 'Penser l'Allemagne. Littérature et politique aux XIXe et XXe siècles' (Fayard 2009); 'Hyperchristen. Studien zur Präsenz religiöser Motive in der literarischen Moderne' (Turia + Kant 2011); 'Nach dem Poststrukturalismus. Französische Fragen der 1990er und 2000er Jahre' (Turia + Kant 2014). Zusammen mit Georg Mein gibt Pornschlegel die Schriften von Pierre Legendre heraus.