Beschreibung
,Er hatte sich auf den Weg zwischen zwei Distanzen begeben und war irgendwo dazwischen geblieben. Ohne je wirklich anzukommen.' Harun Kara, Ende Dreißig, gebürtiger Türke mit deutschem Pass, erscheint mustergültig integriert. Als erfolgreicher Manager eine anerkannte Koryphäe auf seinem Gebiet, ist er weltweit auf Reisen und fühlt sich in den wechselnden Hotels mehr zu Hause als in seiner immer noch unfertigen Wohnung. Ein plötzlicher Anruf seines jüngeren Bruders reißt Harun aus dieser hochbetriebsamen Einsamkeit und katapultiert ihn weit in seine Vergangenheit zurück: Der Vater liegt im Sterben. Ohne zu zögern, nimmt Harun das nächste Flugzeug nach Istanbul, um seine Familie das erste Mal nach 17 Jahren wiederzusehen.Mit dieser Begegnung fällt der Schleier von einer Geschichte voller versteckter Wunden und Narben im Leben eines unfreiwilligen Weltenwanderers, dessen Weg von der Kindheit ins Erwachsenenalter über die Grenzen von Ländern und Kulturen hinweg verlaufen ist. Mit seinen tief reichenden inneren Brüchen und Verwerfungen fernab der politisierten Oberfläche von ,Migration' und ,Integration'. Mehr und mehr tritt endlich die Wahrheit eines Mannes zutage, der immer noch die Flucht eines kleinen Jungen vor sich selbst und seinen Erinnerungen fortsetzt. Erinnerungen an ein lange versunkenes Leben in der abgeschiedenen Bergwelt Ostanatoliens und Erinnerungen an das ,Wintermädchen', dessen Geheimnis sich nun enthüllt.
Autorenportrait
Die Autorin kam 1967 im kurdischen Bergland Ostanatoliens zur Welt, verbrachte die ersten sieben Lebensjahre dort bei Verwandten der Eltern in einem kleinen Dorf, bevor sie dann von ihren Eltern in die Bundesrepublik nachgeholt und hier im einfachen Gastarbeitermilieu groß wurde. Erst im Verlauf der Grundschulzeit erlernte sie die deutsche Sprache. Nach der schwierigen Trennung von ihrer Familie und später mehr oder weniger auf sich allein gestellt, machte sie über den zweiten Bildungsweg Abitur, studierte Betriebswirtschaft in Koblenz und arbeitet heute, nach über zehn Jahren, bei einer der großen Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften, als Spitzenmanagerin eines internationalen Konzerns und unterrichtet als freie Dozentin an der Universität Dortmund. "Wintermädchen" ist nach "Die Skulpur" ihr zweiter Roman. "Als Kind kannte ich weder Elektrizität noch fließendes Wasser und heute verbringe ich einen Großteil meiner Zeit auf Geschäftsreisen in Flugzeugen. Vielleicht ist die niemals zu schließende Lücke dazwischen der Raum für mein künstlerisches Interesse und eine nie endende Suche nach dem Sinn", sagt Ipek Demirtas.