Beschreibung
Wir leben in einer Zeit des Verlusts an Sicherheiten: biografischer Zukunftssicherheit, Erwartungssicherheit vor Lebenslagen, lebenslanger Arbeitsplätze, kalkulierbarer Karrieren, familialer Planungshorizonte, stabiler psychischer Mentalitäten. Die neuen Leitbilder unserer Arbeitsgesellschaft sind eigenverantwortliche Entwicklung und Mobilisierung kreativer Fähigkeiten. Dabei macht seine inflationäre Verwendung den Begriff der 'Kreativität' verdächtig. Auf der Grundlage der Systemtheorie unterzieht der Autor die herkömmliche 'Kreativitätsbewegung' einer schonungslosen Analyse. Der 'Zwang zur Kreativität' ist dabei nicht nur ein Fanal für ratloses Oszillieren zwischen Pessimismus und Optimismus, sondern Menetekel der fundamentalen Unlösbarkeit der ökologischen und sozialintegrativen Probleme der modernen Gesellschaft. Angesichts der drohenden Kollision mit den Grenzen des Wachstums wächst die Neigung der Politik, Kreativität nur denen zuzuschreiben, die den Phantasmen von Steuerbarkeit und Selbsterneuerungsfähigkeit Vorschub leisten. Unter diesen Bedingungen steigt das individuelle Risiko für kreative Normabweichung und 'unerwünschte' Kreativität. Eine 'aufgeklärte Modernität' sollte zur technokratischen Vereinnahmung von Kreativität Distanz halten. Gegenüber der Strategie des 'Durchstartens' mittels technologischer 'Exzellenz' wird kreative Devianz zur Bürgerpflicht.
Autorenportrait
Thomas A. Becker ist Soziologe und selbstständiger Berater von Unternehmen und Institutionen der öffentlichen Verwaltung. Tätigkeiten in Forschung und Weiterbildung, u.a. als Leiter des Bereichs Forschung am Gottlieb Duttweiler Institut, Rüschlikon. Autor
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