Beschreibung
April 1945, auf einer Insel in der Mulde. In einem Gebüsch hält sich ein Mann versteckt. Seine Knie sind aufgeschlagen, seine Sachen nass, in der Ferne ist das Geräusch krachender Haubitzen zu hören. Er blickt auf das Pfarrhaus am Ufer, in dem er mit seiner Frau und den Kindern gelebt hat. Aber jetzt sind sie weg. Sie scheinen verschleppt worden zu sein, und er ist sich sicher, dass ihr Verschwinden etwas mit ihm zu tun hat. Er versucht sich zu erinnern. Ein Mann mit einem Klumpfuß kommt ihm in den Sinn. Und ein kleines Mädchen, von dem er nach und nach zu erzählen beginnt. Was er sieht, hört und denkt, schreibt er auf. Ein Abschiedsbrief an seine Frau. Ein Bericht, mit dem er Zeugnis ablegt. Er notiert seine Worte auf der Rückseite von Akten. Sie liegen in dem Koffer, den er bei sich führt, zwischen Dosenfleisch, einer zersplitterten Uhr und einem langsam hart werdenden Laib Brot. Ein Roman, dessen Fassade langsam zerbricht und der die Abgründe unter dem dünnen Firnis der Zivilisation sichtbar macht.
Autorenportrait
Francis Nenik ist ein Pseudonym, der Autor scheut die Öffentlichkeit. Er wurde Anfang der 80er geboren und lebt in einem Dorf im sächsischen Muldental. Sein Debütroman "XO" erschien 2012 in Form einer Loseblattsammlung. Der Essayband "Doppelte Biografieführung" sowie der Roman "Die Untergründung Amerikas" folgten 2017. Im Januar 2017 startete er sein "Tagebuch eines Hilflosen", in dem er die Amtszeit von Donald Trump mit täglichen Einträgen begleitet. 2018 erschienen die erzählenden Sachbücher "Reise durch ein tragikomisches Jahrhundert. Das irrwitzige Leben des Hasso Grabner" sowie "Seven Palms". Das Thomas-Mann-Haus in Pacific Palisades, Los Angeles. Beide Bücher erscheinen 2020 in englischer Übersetzung.