Beschreibung
Die so genannte Wende bedeutete für viele DDR-Schriftsteller einen tiefen Einschnitt in ihr Leben und somit auch in ihr Werk. Mit dem Land ging auch das immer kritisierte und doch für viele bis zum Schluss mit existenziellen Hoffnungen besetzte Gesellschaftssystem unter. Selbst für die Jüngeren, die in diesen Staat keine politischen Erwartungen mehr gesetzt hatten, war es nicht einfach, sich unter den neuen Bedingungen eines gänzlich anders strukturierten Literaturmarktes zu etablieren.
Auf das Werk der einzelnen Autoren haben diese Erfahrungen in unterschiedlicher Weise Einfluss genommen.Während etwa der Dramatiker Heiner Müller nach der Wende vornehmlich als Lyriker und öffentliche Person auftrat, setzte Christa Wolf nach dem Schock des „Literaturstreits“ ihr Antikenprojekt scheinbar ungebrochen fort.
Was passiert mit einer DDR-Literatur, wenn die DDR verschwunden ist?
Die Frage, was mit einer Literatur passiert, die nach einem Land (nicht etwa einer Nation), mithin einem einstmals utopischen gesellschaftlichen Konzept benannt wurde, wenn beides über Nacht verschwindet, fordert eine differenzierte Betrachtung heraus. Das Buch problematisiert den Terminus „DDR-Literatur“ und seine Definitionen. Hier wird eine Annäherung an die Rolle der Literatur im „Leseland“ DDR anhand der Idee einer littérature engagée vorgenommen – ein Konzept, das sich im Laufe der Jahre wandelte. Es stellt sich die Frage, ob und inwiefern ein literarisches Engagement auch nach der ,Wende‘ weitergeführt oder modifiziert werden konnte. Nach neuen Gesichtspunkten werden einzelne Generationen skizziert und beispielhaft durch je zwei bis drei AutorInnen vorgestellt. Besprochen werden Texte, die ab 1989 entstanden sind – immer mit Hinblick auf das vorhergehende Werk und Wirken. So entsteht eine einführende und vergleichende literaturwissenschaftliche Analyse von „Schreiben nach der Wende“.
Behandelte Autorinnen und Autoren: Heiner Müller, Christa Wolf, Rainer Kirsch, Ulrich Plenzdorf, Volker Braun, Stefan Schütz, Christoph Hein, Peter Wawerzinek, Annett Gröschner.
Inhalt
- Danksagung
Janine Ludwig und Mirjam Meuser
- Vorwort
Frank Hörnigk
- In diesem besseren Land – Die Geschichte der DDR-Literatur in vier Generationen engagierter Literaten
Janine Ludwig und Mirjam Meuser
- "Meine Scham braucht mein Gedicht" – Späte Texte Heiner Müllers
Janine Ludwig
- Ein Rückzug aus dem "Reden uber Politik" in das "Schweigen der Kunst" –
Aspekte der Gottfried-Benn-Rezeption Heiner Müllers
Jens Pohlmann
- Was bleibt – Schreiben nach dem Verbrauch der Alternativen bei Christa Wolf und Heiner Müller
Daniela Colombo
- Vom Leseland ins Niemandsland – Zu Christa Wolfs Leibhaftig
Nikolaos-Ioannis Koskinas
- ,Mit Gelächter gegenuber den Weltlaufen` – Rainer Kirschs Textsammlung Die Talare der Gottesgelehrten
Mirjam Meuser
- Auf der Suche nach der verlorenen Zeit – "Ich stehe zur Verfügung": Ulrich.Plenzdorf@gmx.de
Petra Speck
- Kein fester Grund – Denk Figuren im Stück Werk von Volker Braun
Petra Speck
- Engagement oder Tanz der Begriffe? – Zu Volker Brauns Gedichtzyklen Totentänze / Liebeslager
Stephan Krause
- Schreiben über ein anderes Land – Christoph Heins Schreiben nach der Wende und sein Roman In seiner frühen Kindheit ein Garten
Janine Ludwig
- "Vereint in einem dritten Ich" – Die Konstruktion des Subjekts in Stefan Schütz' autobiographischer Prosa Staschs Affekt
Mirjam Meuser
- "In den Büchern Fadheit, Geschwätz" – Peter Wawerzineks Abrechnung mit dem Prenzlauer Berg der 1980er Jahre
Janine Ludwig und Iris Thalhammer
- Teilnehmende Beobachtung – Annett Gröschners Poetik der engagierten Sachlichkeit
Ralf Klausnitzer
- Auswahlbibliographie
- Biographien