Beschreibung
Michaela Raggam-Blesch untersucht autobiographische Erinnerungen und Selbstzeugnisse jüdischer Frauen auf die spezifische Dynamik jüdisch-weiblicher Identitätskonstruktionen, wobei die Verortung zwischen Ost und West eine zentrale Stellung einnimmt. Antisemitismus und Misogynie waren im Wien des fin-de-siècle stark präsent, wobei es sich in beiden Fällen um Phänomene handelte, die sich gegen emanzipatorische Bestrebungen von bislang politisch vernachlässigten Bevölkerungsgruppen richteten. Diese Konstellation der doppelten Ausgrenzung hatte nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf die Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen. Dabei erweist sich vor allem die familiäre Verortung zwischen Ost und West als konstitutiv, da jene als ostjüdisch definierten Frauen auf einem schmalen Grad agierten und Diskriminierungen ungleich stärker ausgesetzt waren. Die Autorin analysiert erstmals weite Bestände aus der Memoirensammlung am Leo Baeck Institute (New York) sowie bislang unveröffentlichtes Material, wobei auch auf den Diskurs um Erinnerung und Autobiographie Bezug genommen wird.
Autorenportrait
Dr. Michaela Raggam-Blesch, 1974 geboren, Studium der Geschichte und Erziehungswissenschaften, ist Absolventin am Centrum für Jüdische Studien an der Karl-Franzens Universität Graz. Sie ist Mitarbeiterin an der Kommission für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der ÖAW im Rahmen des Forschungsprojektes "Topographie der Shoah. Gedächtnisorte des zerstörten jüdischen Wien". Sie war freiberufliche Mitarbeiterin am Leo Baeck Institute in New York.