Beschreibung
Wie ist das abstrakte Feindbild des «jüdischen Rassenschänders» zustande gekommen? Welche politischen Strategien, welche Mechanismen von Herrschaft und Unterwerfung verbergen sich dahinter? Wie war es möglich, dass die antisemitischen Sexualphantasien von Rassenschändung die deutsche Gesellschaft in nur wenigen Jahren durchdringen und durch das Wirken von Julius Streicher zur «Kampfgemeinschaft» formen konnten? Diese Arbeit versucht erstmals die Textur jenes Verbrechens zu entschlüsseln, auf welcher der Vorwurf von «Rassenschande» beruht, und zugleich die Ordnung der Wunden, die Matrix des nationalsozialistischen Rassendenkens aufzuzeigen. Der
jüdische Rassenschänder», wie ihn Streicher popularisiert hatte, tritt inmitten Europas in einem seiner modernsten Staaten auf: am Umbruch einer Modernisierungsschwelle, an welcher die deutsche Gesellschaft nicht nur durch soziale, politische und religiöse Erosionsbewegungen zu zerbersten drohte, sondern an der auch gesellschaftliche Alteritäten in den Blick genommen wurden. Aus dem Gegensatz dieser Politikvorstellungen soll erstmals die wohl populärste Variante nationalsozialistischer Judenfeindschaft, die obszöne, sadistische Judenhetze gegen so genannte «jüdische Rassenschändung» deutscher Frauen und Mädchen, wie sie maßgeblich durch Streicher betrieben und forciert worden war, inhaltlich analysiert und in einen historisch-politischen Kontext gestellt werden.
Autorenportrait
Der Autor: Franco Ruault wurde 1969 in Hohenems (Österreich) geboren. Er studierte Politikwissenschaft, Zeitgeschichte und Medienforschung an der Universität Innsbruck. Derzeit lebt und arbeitet der Autor in St. Gallen (Schweiz).
Rezension
«Ruault hat ein wichtiges Buch geschrieben, das sich aus der Fülle der historischen Literatur zum Dritten Reich durch seinen originellen methodischen Ansatz heraushebt. Er liefert nicht nur neue Informationen und aufschlußreiches Zitat- wie Abbildungsmaterial..., sondern ein Erklärungsmodell für einen besonders verabscheuenswürdigen und widerwärtigen Aspekt des Nationalsozialismus.» (Frank-Rutger Hausmann, Informationsmittel IFB)
Inhalt
: Die Ordnung der Geschlechter – Der Kampfbegriff «Rassenschande» – Anatomie eines «Berufsantisemiten» – Einkreisung und Entgrenzung – Paradigma und Strategie in der «Kampfzeit» – Mutterleibsphantasien – Ritualisierte Tötung: «Prangeraktionen» gegen «Rassenschänder» – Ausblick: Die Lebenden und die Toten.