Beschreibung
Die Tarifautonomie ist schwer angeschlagen. Seit 1990 ist die Anzahl an tarifgebundenen Betrieben stark zurückgegangen und die Gewerkschaften haben massiv an Mitgliedern und politischem Einfluss verloren. Auf der Seite der Arbeitgeber bekennen sich immer weniger zur Tarifautonomie, auch weil immer mehr Unternehmen auf Tariflosigkeit setzen. Doch was bedeutet es für die Demokratie, wenn die Mitbestimmung über Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ausfällt und damit zentrale gesellschaftspolitisch Fragen nicht mehr zwischen den Tarifvertragsparteien verhandelt werden? Welche Auswirkungen hat es für die demokratische Gesellschaft, wenn die wesentlichen Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten beschnitten oder gar verwehrt werden? Diese Fragen zielen auf die Rolle und Funktion der Tarifautonomie in der modernen Demokratie. Auf der Suche nach Antworten entwickelt der Band die Idee einer 'Tarifbürgerschaft': Der Begriff knüpft an die Diskussion um eine 'industrial citizenship' an, entwickelt diese jedoch weiter durch einen besonderen Fokus auf das autonome Tarifvertragssystem sowie ein interdisziplinäres Interesse am Zusammenspiel von Recht und (Tarif-)Politik. Inhalt: 1. Florian Rödl/Felix Syrovatka: Einleitung 2. Oliver Nachtwey/Martin Seeliger: Industrielle Bürgerrechte. Vergangenheit und Zukunft eines Schlüsselkonzepts guter Arbeit 3. Wolfgang Streeck: Doppelherrschaft? Parlamentarische Demokratie und Tarifautonomie 4. Stefanie Hürtgen: Sinnvolle Arbeit, Tarifautonomie und soziale Demokratie 5. Thorsten Schulten: Tarifautonomie und Wirtschaftsdemokratie 6. Ingrid Artus: Tarifautonomie. Zwischen Institutionalisierung und Klassenkampf 7. Florian Rödl: 'Tarifbürgerschaft' - Arbeitnehmerrechte als politische Rechte
Autorenportrait
Oliver Nachtwey ist Professor für Sozialstrukturanalyse am Fachbereich Soziologie der Universität Basel.