Beschreibung
Der Reifegrad einer wissenschaftlichen Disziplin mag sich wohl am besten nach ihrer Fähigkeit bemessen, sich einerseits einer hohen (auch unberechenbar vari ierenden) Vielfalt empirischer Phänomene und praktischer Problemstellungen ge genüber offenzuhalten, andererseits aber diese hohe Komplexität innerhalb der Koordinaten eines einheitlichen, konsolidierten und systematisierten Apparates analytischer Konzepte und Propositionen (d. h. eines ,Paradigmas') adäquat zu erfassen. Bei Anwendung dieses Maßstabs weist die gegenwärtige Soziologie durchaus rückständige Merkmale und teilweise gar regredierende Entwicklungstendenzen auf, insofern die seit der ,klassischen Periode' des 19. Jahrhunderts bis heute dominierenden Ansätze zu umfassender Theoriebildung (Gesellschaftstheorien, struktureller Funktionalismus, Interaktionismus etc.) bisher wenig Kraft zur Steuerung lau fender Forschung oder zur Integration vorliegender Regularitäten erwiesen haben; in den Schwerpunktsbereichen empirischer Forschung (den sog. ,Bindestrich Soziologien') objektspezifisch restringierte Begriffs- und Theorietraditionen akkumuliert werden, deren Rückbindung an ein übergreifendes Paradigma im Maße ihrer zunehmenden Anzahl und ihres steigenden Grades innerer Kon solidierung immer unwahrscheinlicher wird. Schon während seiner Studentenzeit hat der Verfasser seine tiefe Unzufriedenheit mit dieser unfruchtbaren Situation mit dem optimistischen Glauben an die Mög lichkeit einer allgemeinen soziologischen Theorie verbunden, die geeignet wäre, sich innerhalb verschiedenster Forschungsfelder (und über alle diese Felder hin weg) in gleicher Weise als leistungsfähiges Instrument zur Synthese empirischer Erfahrung zu bewähren.