Beschreibung
Die Schweizer Bevölkerung ist über regelmässige Volksabstimmungen aufgerufen, aktiv an politischen Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Dabei geht es immer wieder um Themen, die die Gemüter erhitzen und zu ideologischen Richtungskämpfen führen. Zeugnis der direkten Demokratie sind Abstimmungsplakate, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Meinungsfindung beeinflussen. Diese Sonderform politischer Propaganda, die einzig in der Schweiz existiert, widerspiegelt als sensibler Gradmesser gesellschaftspolitischer Stimmungen sowohl nationale Mentalitätsgeschichte als auch globale Tendenzen. Yes! No! Posters for Democracy legt die visuellen Argumentationsstrategien und bildrhetorischen Ansätze offen, die das Schweizer Abstimmungsplakat von 1918 bis heute prägen. Klischeehafte Zuspitzungen, undifferenzierte Vereinfachungen, ein Repertoire drastischer Motive und verknappte Slogans entsprechen den Gesetzen des Mediums, das auf ein manipulatives Ansprechen der Massen ausgerichtet ist. Appelle an das 'Wir-Gefühl' setzen in erster Linie auf Emotionalisierung, kaum auf rationale Aufklärung. Subtil verdichtete Botschaften oder eine grafisch innovative Sprache finden sich im Abstimmungsplakat kaum. Und dennoch schufen viele namhafte Gestalterinnen und Gestalter Arbeiten, die sich ins kollektive Bildgedächtnis der Schweizer Bevölkerung eingeschrieben haben und zu Ikonen schweizerischer Plakatgestaltung wurden.
Autorenportrait
Jakob Tanner ist Professor Emeritus für Geschichte der Neuzeit an der Universität Zürich und Autor mehrerer Bücher zur Geschichte der Schweiz im europäischen Kontext.