Beschreibung
'Die Mörder sitzen in der Oper!', klagt Walter Hasenclever 1917 in einem Gedicht, schockiert von dem Gegensatz von Kriegsgräuel auf der einen und glänzendem Opernabend auf der anderen Seite. Ausgehend von dieser spitzen Kritik erkundet Stefan Zednik den Zusammenhang zwischen den Geschichten und Stoffen, die auf der Bühne singend verhandelt werden, und einer außerhalb tobenden Wirklichkeit. Warum wünscht sich der Schah von Persien als Staatsgast am 2. Juni 1967 ausgerechnet die Aufführung einer Mozart-Oper, und was passiert eigentlich in der damals aufgeführten "Zauberflöte"? Warum beschäftigen sich die finalen Kunstleistungen des Dritten Reiches - eine letzte "Götterdämmerung" und eine Einspielung der "Winterreise" - nicht mit totalitären Herrschafts-, sondern mit Untergangsfantasien? Warum widmen die Filmemacher Jean-Marie Straub und Danièle Huillet ihre Verfilmung der Schönberg-Oper "Moses und Aron" einem durch Hungerstreik verstorbenen Terroristen? Stefan Zednik spürt den Verbindungen zwischen Oper und Politik, Musik, Libretto und Zeitgeschehen nach und wirft einen erfrischend neuen Blick auf altbekannte Werke der Operngeschichte und ihren gesellschaftlichen Kontext.
Autorenportrait
Stefan Zednik wurde 1959 in Mönchengladbach geboren und lebte in Berlin. Nach zehn Jahren Arbeit als Opernregisseur begann seine Tätigkeit als Kulturjournalist für diverse Print-Medien und öffentlich-rechtliche Radiosender. In zahlreichen Kulturfeatures beleuchtete er musikalisch-historische Themen - Schuberts »Winterreise in die Seele des 21. Jahrhunderts«, »Luther und Bach« oder den »Tod von Kindern in der Musik« - und führte Regie bei essayistischen Dokumentarfilmen (»Die Kunst der Fuge«, »Weichet nur, betrübte Schatten«). Er ist am 3. Mai 2023 verstorben.