Beschreibung
In seiner jahrzehntelangen Praxis behandelte Hahnemann auch brieflich - meist wenn die Patienten weiter entfernt wohnten. Gewöhnlich hatte zuvor eine persönliche Konsultation stattgefunden, die sich in den Journalen wiederfindet. Aus den Jahren 1831 bis 1835 sind etwa 5.550 Patientenbriefe erhalten. Diese Briefe sind individualisierte Selbstzeugnisse einer intimen Körperlichkeit und zeitgeschichtliche Zeugnisse von medizinischer Heilkunst, von Seelenzuständen erkrankter Menschen und ihrem gesellschaftlichen Kontext. Hahnemanns Therapie setzte eine schonungslos offene Darstellung von Befindlichkeiten und Symptomen voraus, so dass die Patientenbriefe als Artefakte einer bewussten wie auch unbewussten Patientenperspektive zu begreifen sind. Für den vorliegenden Band von Melanie und Thilo Schlott wurden die erhaltenen Briefe der Hofdame Ernestine von Seelhorst, des Grafen Georg Friedrich und der Gräfin Sophie von Dürckheim-Montmartin sowie der Regierungsrätin Charlotte Kohl transkribiert. Durch die zusätzliche Rekonstruktion ihrer Biographien ergibt sich ein Bild von Mitgliedern der höheren Gesellschaftsschichten von Hahnemanns Patientenschaft samt einem zwar fragmentarischen, aber detailreichen Sittengemälde der biedermeierlichen Zeit um 1830.