Beschreibung
Beim Versuch, sich weniger dem journalistischen und schriftstellerischen Wirken des österreichischen Aufklärers Sonnenfels und mehr seinen politisch-sozialen Ideen zuzuwenden, bemüht sich Karl-Heinz Osterloh unter Miteinbeziehung von Sonnenfels’ Rolle als Kameralist auch um eine Überwindung der überkommenen Praxis, die Kameralistik nicht als historisches Phänomen zu untersuchen, sondern ihre historische Bedeutung unter der verengten Perspektive einer Geschichte liberalistischer Doktrinen allein an ihrer dogmengeschichtlichen Position zu messen. Stattdessen zeigt Osterloh, dass es in der Kameralistik keineswegs um die Ausbildung moderner wissenschaftlicher Dogmen ging, sondern dass hier im Wesentlichen praktische Ziele verfolgt wurden, nämlich die Bildung großer nationaler Einheitsstaaten. Staats-, Volkswirtschafts- und Rechtsbildung und die Entwicklung der Kameralwissenschaft sind aufs Engste miteinander verbunden. Ähnlich wie die Entwicklung des modernen Staates vom ständisch-partikularistisch aufgesplitterten Gemeinwesen zum durchgebildeten, zentralistisch verwalteten Einheitsstaat führte, strebte die Kameralwissenschaft in ihrer Spätphase zu großen „wissenschaftlichen“ Systembildungen und erweist sich damit als Ausläufer des älteren „geschlossenen“ Wissenschaftstyps.