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Mobbing unter der Kanzel

Erschienen am 01.05.1999
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783929351095
Sprache: Deutsch
Umfang: 71
Format (T/L/B): 15.0 x 21.0 cm

Beschreibung

„Mobbing unter der Kanzel – gibt es so etwas überhaupt?“ fragt Droszella in der Einleitung seines „erschütternden Berichts“. „Ja, so etwas gibt es. ‘Unter der Kanzel’ scheint Mobbing sogar besonders extreme Züge anzunehmen.“ So Droszellas Antwort auf die (rhetorische) Frage. Daß diese Antwort durchaus berechtigt ist, wird bei der Lektüre des kleinen Buches schnell deutlich. Es beschreibt einen der neuesten von über 400 Abberufungsfällen von Pfarrern anhand der Reaktionen der (Gemeinde-)Öffentlichkeit und einer, auch in Zeitungen geführten, Auseinandersetzung zwischen den Gemeindegliedern, die ihre beliebte und geachtete Pfarrerin behalten wollen, auf der einen und Presbyterium und Kirchenleitung auf der anderen Seite. Droszella hat zahlreiche Leserbriefe, Berichte und Kommentare, aber auch Äußerungen von Kirchenleitung und Presbyterium (die dem Bericht Ausgewogenheit verleihen) zusammengetragen und mit nachdenklich stimmenden Überleitungen versehen. Es sind eindrucksvolle und betroffen machende Zeugnisse der öffentlichen Wirkung der Abberufung und der damit verbundenen Zerstörung des einst blühenden Gemeindelebens. Die Gemeindeglieder sind entsetzt und schockiert darüber, wie die Kirche mit ihrer Pfarrerin umgeht, wie diese „eiskalt abserviert“ wurde. Mobbing und Ausgrenzung der Pfarrerin werden deutlich wahrgenommen: „Ich. weiß, daß alles nur Erdenkliche von Seiten des Presbyteri-um getan wurde, um Frau Guleiof ins Abseits zu stellen“ oder „Da wird diese Pastorin erbarmungslos aus dem Amt gedrängt.“. Die vom Presbyterium als Grund angeführte „irreparable Störung des Vertrauensver-hältnisses“ akzeptieren die Gemeindeglieder nicht, denn sie haben Vertrauen in ihre Pfarrerin. Und – auch das zeigt das Büchlein eindrucksvoll – sie kämpfen für ihre Frau Guleiof. In der Gegenüberstellung von Anspruch und Wirklichkeit der Kirche werden viele Mißstände deutlich. Etwa wird einerseits die Entlastung von Familien gefordert und andererseits die Pfarrerin Guleiof, „Mutter von acht Kindern, vier Wochen vor Weihnachten aus dem Pfarramt“ gejagt. Die Folgen der Abberufung werden schnell deutlich: Die Gemeinde ist zerstört, Kirchenaustritte und Umgemeindungen häufen sich. Interessant zu beobachten ist auch, wie die lokale Presse auf die Vorfälle reagiert. Ausnahmslos wird das Verhalten des Presbyteriums als kirchenschädigend empfunden und kommentiert: „In Beckhausen verspielt der ev. Kirchenkreis seinen Kredit“. Deutlich wird so nachgezeichnet, wie die evangelischen Kirche durch das Verhalten ihrer eigenen Amtsträger sich selbst großen Schaden zufügt, indem sie ihr Bild in der Öffentlichkeit ruiniert. In einem zweiten Teil analysiert Droszella die möglichen Hintergründe von Abberufung und Mobbing. Wie die Gemeindeglieder akzeptiert der Autor die Erklärungen von Presbyterium und Kirchenleitung nicht und sucht stattdessen in der Situation der Gemeinde und der Kirche an sich nach Ursachen. Neben höchst merkwürdi-gen Dingen, wie einer Sperrung des Kirchengeländes für Jugendliche und einer offenbar unprofessionellen Konfliktbegleitung, fördert er Erschreckendes zutage, was jedoch den Bogen zu vielen der anderen Abberufungsfälle zu schließen scheint. „Wahre Hintergründe der Abberufung: War die Pfarrerin nicht genügend auf ’Linksurs’?“ In der Tat scheint es im Kirchenkreis Gelsenkirchen einen reichlich undifferenzierten Umgang mit linksextremen Ideologien zu geben. Droszella belegt dies u.a. an einer unkritischen Darstellung des Ökumenischen Rates des Kirchen durch einen Kollegen Frau Guleiofs. Folgerichtig fragt sich Droszella: „Stand Pfarrerin Guleiof einer Werbung für den Sozialismus durch die evangelische Kirche im Wege, die zunehmend zu beobachten ist?“ Immerhin hat Frau Guleiof lange in der DDR gelebt und die Diktatur am eigenen Leib erfahren. Interessanterweise findet der Leser in einer im Anhang abgedruckten Richtlinie der Stasi zur Zersetzung von Gegnern eine Reihe der im Buch beschriebenen Maßnahmen gegen Frau Guleiof wieder. Auch einige der Gemeindeglieder ziehen Parallelen zwischen dem Verhalten von Kirchenleitung und Presbyterium und dem Vorgehen totalitärer Systeme gegen ihre Gegner. Droszella befürchtet den Mißbrauch von Christen „mit ihrem Anspruch der Nächstenliebe für die Zwecke (verdeckter) sozialistischer Revolutionen“. Erleichtert werden Mobbing und Abberufung nach Droszellas Analyse durch ein „fragwürdiges Kirchenrecht, das einer Demokratie unwürdig ist“ und das in Gestalt des Pfarrdienstgesetzes „dem Mißbrauch Tür und Tor öffnet.“ Ein „Zeichen unglaublichen Versagens“ der Kirche. Droszella fordert dagegen die Leser auf, dem Beispiel der Beckhauser Gemeindeglieder zu folgen: „. setzen Sie sich für das Opfer ein. Verlangen Sie öffentlich Aufklärung über die Hintergründe! Fordern Sie die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien, der Menschen- und Grundrechte auch und gerade in der Kirche!“ Ganz biblisch schließt der Autor mit Matthäus 7,16: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ und mit dem tröstlichen Bonhoeffer-Zitat „Ich glaube, daß Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.“ Neben dem erwähnten Anhang runden ein Auszug aus dem Pfarrdienstgesetz und eine Literaturliste dieses aufrüttelnde Buch ab.

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