Beschreibung
Mittel Mn Stahl hat in den letzten Jahren aufgrund seiner hervorragenden Kombination aus hoher Festigkeit und ausgezeichneter Umformbarkeit das Interesse der Automobilindustrie für Leichtbauanwendungen im Fahrzeugbereich geweckt. Die vorliegende Arbeit zielt daher auf ein vertieftes Verständnis der Prozess-Mikrostruktur-Eigenschaftsbeziehungen im Mittel Mn Stahl ab. Der Einfluss unterschiedlicher Prozessparameter (z.B. Kaltwalzen, Zwischenglühtemperatur, Zwischenglühzeit und Kühlverfahren nach dem Zwischenglühen) auf die Mikrostruktur und die mechanischen Eigenschaften wurden im Mittel Mn Stahl Fe-12Mn-3Al-0,05C (Gew.-%) untersucht. Anhand der Kombination von Rasterelektronenmikroskopie- (REM) und Elektronenrückstreuunguntersuchungen (EBSD) wurden die mikrostrukturellen Eigenschaften, wie Korngröße, Kornmorphologie, Orientierungsverteilung und Phasenanteil des ultrafeinkörnigen (UFG) Mittel Mn Stahls charakterisieren. Um die Kinetik der Austenitreversion und die mechanische Stabilität von Restaustenit zu untersuchen, wurde mittels Synchrotron-Hochenergie-Röntgenbeugung (HEXRD) die Entwicklung des Austenitgehaltes beim interkritischen Glühen bzw. bei der Zugverformung in situ gemessen. Das Element-Partitioning im Mittel Mn Stahl wurde durch eine dreidimensionale Atomsonden-Tomographie (3D-APT) charakterisiert. Die Ergebnisse zeigen, dass Kaltwalzen die homogene Austenitkeimbildung fördert, welche hauptsächlich für eine schnelle Austenitrevision verantwortlich ist. Neben den anderen Prozessparametern ist die interkritische Glühtemperatur für die Einstellung der Gefügeeigenschaften (z.B. Menge und Stabilität von Austenit, Kornmorphologie und Korngröße etc.) und die daraus resultierenden mechanischen Eigenschaften am wichtigsten. Die Duktilität des untersuchten Mittel Mn Stahls zeigt eine starke Abhängigkeit des Restaustenitgehaltes, wohingegen der mechanischen Stabilität des Restaustenits ein geringer Einfluss zugeschrieben werden kann. Darüber hinaus wurden erstmals Kohlenstoffseigerungen an Ferrit-Austenit Phasegrenzen im Mittel Mn Stahl durch Anpassung der Kühlbedingungen nach dem interkritischen Glühen beobachtet, was zu einem diskontinuierlichen Fließphänomen und zu einer Erhöhung der Streckgrenze sowie der mechanischen Stabilität von Restaustenit führte. Die gewonnenen Erkenntnisse bieten neue Möglichkeiten, Mehrphasenstähle im atomaren Maßstab zu designen, um maßgeschneiderte Eigenschaften einzustellen.