Beschreibung
Karl Jarres, weitgehend bekannt als rheinischer Kommunalpolitiker in den ereignisreichen Jahren zwischen 1914 und 1933, stand für kurze Zeit (1923 bis 1925) als Reichsinnenminister, Vizekanzler und Kandidat bei der Reichspräsidentenwahl 1925 im Rampenlicht der Weimarer Politik. Doch liegt die Bedeutung seines Lebenslaufs vielmehr in seiner Person als aktiv tätigem Zeitzeugen sehr unterschiedlicher Epochen, die vom Kaiserreich über den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg bis hin zur Gründung der Bundesrepublik reichen. Sein Leben spiegelt die Dramatik der politischen Umbrüche zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und dem Beginn unserer heutigen Staatsform wider. Karl Jarres ging bei aller Weltoffenheit stets den Weg eines Nationalliberalen, für den Bismarck einer der Größten der deutschen Geschichte war. Die nationalliberale Partei war nun einmal die Partei der Reichsgründung. Deren Bekenntnisse zum Vaterland und zur deutschen Heimat waren und blieben für Jarres zeit seines Lebens niemals leere Worthülsen, sondern Inhalte hoher moralischer Wertigkeit. Sie sollten ihn insbesondere in Zeiten totalen politischen und sozialen Umbruchs auf seinem Lebens- und Berufsweg leiten und bewegen. Für den rechten Flügel der Deutschen Volkspartei und ihren langjährigen Vorsitzenden Gustav Stresemann war Jarres mit seiner niemals versiegenden patriotischen Einstellung so etwas wie ein unbeirrbarer Garant für preußische Tugenden und die Verteidigung des Rheinlande Ein wichtiges persönliches Merkmal ist Jarres' geradezu leidenschaftlicher Einsatz für die nationale Einheit und für kommunale und parteiliche Koalitionen. Statt verhängnisvoller Entwicklungen der Zergliederung in Kleinstaaten oder Parteien war für ihn die "Nationale Bewegung", der einheitliche deutsche Volkskörper, ein wichtiges politisches Fernziel. Jarres' Kampf gegen Aufsplitterung und Partikularismus zeigte sich in seiner Suche nach Bündnissen zwischen konservativen, nationalliberalen und reformerisch-sozialen Partnern, wenn in den vielen Streitereien zwischen den politischen Parteien der Weimarer Periode die Situationen oft festgefahren waren.