Beschreibung
"Tagebuch schildert das Leben in bewegter Zeit", so lautete im "Schwarzwälder Boten" die Schlagzeile über einem Artikel, der das auf der Vorderseite abgebildete Büchlein und dessen Inhalt beschreibt. Niedergeschrieben wurde von dem 1862 geborenen Calwer Handwerksmeister Heinrich Essig in dessen Lebenserinnerungen Stück um Stück und Jahr um Jahr Persönliches, Familien- und Zeitgeschichte in wechselnden Abständen zwischen 1880 und 1933. Festgehalten wurde alles in der alten deutschen Schrift, welche für die meisten nicht mehr lesbar ist. Dies gilt auch für die heute lebenden Nachkommen. Aber die Familie ahnte, dass in dem gebundenen roten Bändchen mehr steckt, als einfach der Weg eines Vorfahren durch den Alltag, und bewahrte es auf. Urenkelin Heidi Brenner bat schließlich einen Fachmann, es ins geläufig Lesbare zu übertragen. Transkribiert hat den Inhalt Calws früherer Kreisarchivar Jürgen Rauser. Er hob damit einen Schatz, wie jeder Leser bestätigen wird. Im Prolog schreibt er: "Ein wortgewandter und - trotz einfacher Schulbildung - durchaus belesener Tagebuchschreiber" sei Heinrich Essig gewesen. Anschaulich und kurzweilig hält dieser etwa seinen Weg zum Handwerksmeister oder die Militärzeit bei den Pionieren fest. Dem Leser werden Calwer Geschäftsleben und Stadt- wie Zeitgeschichte früherer Tage zugänglich. So zeigt sich beispielsweise die grassierende Geldentwertung der Inflationszeit an der Eintragung, wo die 33 Jahre lang in Goldmark eingezahlte Lebensversicherung bei Erstattung in den 1920er-Jahren nicht einmal mehr für den Kauf von einem Pfund Fleisch reichte. Enthalten ist manche politische Einschätzung. Beschrieben ist die Soldatenlaufbahn von Sohn Heinrich, der im Ersten Weltkrieg ein Bein verlor, und den manche älteren Calwer noch als ersten Nachfolger des Gründers in der Flaschnerei und dem Haushaltswarengeschäft kennen. Die von der Familie dem Herausgeber Kreisgeschichtsverein Calw bereitgestellten, eingefügten Bilder zeigen, in Ergänzung der Texte, Alt-Calw und anderes. In einem kurzen Anhang geht Heidi Brenner auf die Firmengeschichte des von ihrem Urgroßvater 1887 gegründeten Handwerksbetriebs ein, der 1972 von der Calwer Innenstadt in den Stadtteil Heumaden umzog. Sie schreibt auch, warum nach drei Herren namens Heinrich Essig seit 2002 mit Jana Brenner eine Chefin die Firma führt und mit 16 Mitarbeitern in dem nicht gerade frauentypischen Berufsfeld erfolgreich wirkt.