Beschreibung
Freies mündliches Erzählen erfährt seit Jahren eine Wiederbelebung. Die Rückkehr zur ursprünglichen und menschlicheren Form öffentlicher Unterhaltung geht gerade von jenen Ländern aus, in denen audiovisuelle Medien öffentliches Erzählen fast restlos verschwinden ließen. Das ist weniger überraschend, als es erscheinen mag. Mediale Unterhaltung schließt aus, was jeder Erzählende ganz selbstverständlich kann und tut: mit Worten, Gesten und Geschichten auf die Erwartungen und Reaktionen der Zuhörerschaft eingehen. Seine körperliche Präsenz und Unmittelbarkeit macht das mündliche Erzählen wieder attraktiv. Doch selbst einem gebildeten Publikum sind außer dem europäischen Märchenerzählen die vielfältigen Erzählweisen und weltweiten Formen des Auftretens kaum mehr bekannt, in denen versierte Erzählerinnen und Erzähler in allen Kulturen und Kontinenten ihr Publikum unterhielten und zugleich informierten. Mit seinem großen Bildmaterial macht dieses Buch den Reichtum an erzählerischen Wechselbeziehungen zwischen Erzählendem und Zuhörendem sichtbar. Dies geschieht anhand ausgewählter Erzählkulturen aus Japan, China, Indien, dem Nahen Osten, dem Balkan, Mitteleuropa, Irland und Nordamerika. Für moderne Erzählerinnen und Erzähler stellen die Beispiele einen schier unerschöpflichen Schatz an Geschichten zur Verfügung. Ihre vielfältigen Präsentationsweisen regen dazu an, mit veränderten Formen des Auftretens, des Erzählens und des Umgangs mit dem Publikum zu experimentieren.
Autorenportrait
Prof. Dr. Johannes Merkel, geboren 1942, studierte Germanistik und ist Spezialist für mündlich überlieferte Literatur, ein Sammler und Kenner besonders von Märchen aus dem Orient. Johannes Merkel promovierte 1971 an der Universität Freiburg und war bis 1976 freiberuflich als Autor von Kinderbüchern, Kindertheater und Kinderfernsehen tätig. Von 1977 bis 2007 war er Professor für Vorschulpädagogik mit dem Schwerpunkt Kindermedien im Studiengang Sozialarbeitswissenschaft der Universität Bremen.