Beschreibung
1843 ist das Jahr, in dem der ins französische Exil geflohene Heinrich Heine in Paris die Zeilen schreibt: Denk ich an Deutschland in der Nacht, / Dann bin ich um den Schlaf gebracht. Es ist eine Zeit der politischen Reaktion und der revolutionären Gärung, in der sich Sabilla Novello aufmacht, Hölderlin aus seinem Turm in Tübingen und von seinem Wahnsinn zu befreien, weil sie von ihm das alle und alles erlösende Wort erwartet. Es ist nicht Sabilla Novellos ganze Geschichte, nur eine Station ihrer Reise durch Europa, die sie zu Heine in Paris, zu den Mendelssohns in Berlin und den schwarzen Störchen von San Terenzo führt. Sabilla Novello ist eine somnambule Balladière, deren Harfencapricen durch die Barbarei des kommenden Jahrhunderts verdunkelt sind. Sie ist die unbekannt gebliebene Schwester der berühmten Sängerin Clara Novello (die Robert Schumann zu den Novelletten inspirierte), ihr Vater - Vincent Novello - begründete den Musikverlag, der noch heute in London floriert. Diese neue Scheherazade, die als Musikerin (sie erteilte Gesangsunterricht und richtete Schillers Turandot fürs englische Theater ein), Autorin (sie schrieb Märchen über Blaubarts Frauen, die sie selbst illustrierte) Zeichnerin (aus ihrer Feder ist das Selbstporträt auf der Seite gegenüber) und Übersetzerin (sie übersetzte Erzählungen von E.T.A. Hoffmann ins Englische) vielseitig begabt war, starb vor hundert Jahren, dreiundachtzigjährig, in Genua. Als Abenteurerin mit Befreiungsauftrag, die in jungen Jahren Deutschland, Frankreich und Italien bereiste, sucht sie ihresgleichen. Ein großartiges Buch voll mitreißender Sprachgewalt, das die Visionen und Begegnungen einer jungen Engländerin in London, Paris, Berlin und Italien in ihren eigenen Aufzeichnungen beschwört und zugleich witzig und bizarr berichtet, wie sie für den steckbrieflich verfolgten Dichter Heinrich Heine eintritt und den mordbedrohten alten Hölderlin in einer Montgolfiere entführen will. Ein faszinierendes und abenteuerliches Zeitbild der Jahre 1842 bis 1848, in dem nachtwandlerisch die Schrecken des zwanzigsten Jahrhunderts vorweggenommen sind. (The Sunday Times)