Beschreibung
Weihnachten vor 50 Jahren: Zuletzt führt ihn der Weg leicht hinab; er rutscht im frisch gefallenen Schnee, fällt auf den Rücken, verliert seinen Hut. Kinder finden den Toten; die Polizei macht Fotos. Was seit dem Tod Robert Walsers am 25. Dezember 1956 geschah, ist staunenswert und fast beispiellos: Von Jahr zu Jahr wächst der Nachruhm - weltweit. Zu den ersten, die sich intensiv mit Walser befaßten, gehört Martin Jürgens. Dieses Buch versammelt elf seiner Walser-Studien aus 30 Jahren. In ihnen wird eine Haltung versucht, die begriffliche Kraftakte vermeidet, in enger Fühlung mit den Gegenständen ist und doch an Theorie, also an der Bewegung des Denkens, interessiert bleibt. Das entspricht dem Eigensinn der Texte Walsers: Sanft bewegte Leichtgewichte sind es, fern jeder Gattung. Behende führen Walsers "Helden" uns weg von kraftvollen Botschaften und hin zum Entzücken vor der flüchtigen Einzelheit. Sie wissen nicht, wo es langgeht, bauen kann man auf sie nicht; erst recht ist mit ihnen kein Staat zu machen. Das macht ihre Größe aus und unser Glück beim Lesen von Sätzen wie: "Sein Lächeln glich einer Blume, die nach dem Bedürfnis und der Kunst, zu zögern, duftete."
Autorenportrait
Martin Jürgens: geb. 1944, Studium in München, Münster und Zürich, Promotion über Robert Walser 1972 ("Die Krise der Darstellbarkeit"), 1980 Habilitation mit einer kunstsoziologischen Arbeit ("Moderne und Mimesis"), Arbeit als Hochschullehrer bis Ende 2000. Literarische und wissenschaftliche Publikationen seit 1967; Theaterarbeit seit 1981, Regie zuletzt: "Jakob von Gunten" von Robert Walser (Münster), "Erklärt Pereira" von Antonio Tabucchi (Köln).