Beschreibung
Das ehemalige Wohn- und Empfangsgebäude des Bundeskanzlers in Bonn, bekannter als 'Kanzlerbungalow ', gehört zu den be-deutenden Repräsentationsbauten der deutschen Nachkriegszeit. Auf Initiative Ludwig Erhards entstand der Bungalow 1963/64 nach Plänen des Münchener Architekten Sep Ruf. Neben den Bauten von Hans Schwippert, Egon Eiermann und Günter Behnisch ist er eines der herausragenden architektonischen Zeugnisse aus der Zeit Bonns als Bundeshauptstadt. Nahe dem Rheinufer im Park des Palais Schaumburg gelegen, blieb das Gebäude den Blicken der Öffentlichkeit entzogen und deshalb vergleichsweise unbekannt. Der Kanzlerbungalow verbindet Funktionen staatlicher Repräsentation mit denen einer privaten Wohnung. Er läßt den Einfluß der klassischen Moderne - vor allem in Gestalt von Ludwig Mies van der Rohe - bis hin zu den zeitgenössischen kalifornischen 'Case Study Houses' erkennen. Für das Selbstverständnis der frühen Bundesrepublik besitzt der Bau große Aussagekraft. Die Frage, wie sich die noch junge Demokratie nach den Jahren des Nationalsozialismus in ihrer Architektur manifestieren sollte, fand ihre Antwort in einem Entwurf, der die Notwendigkeit, eine angemessene Umgebung für ein hohes öffentliches Amt zu schaffen mit dem ausdrücklichen Willen verband, dabei auf die durch die klassische Moderne geschaffenen Mittel zu setzen, statt auf überholte und überdies durch die jüngste Vergangenheit auch politisch diskreditierte formale Gesten zurückzugreifen. Die Aufnahme, die Sep Rufs Gebäude fand, spiegelt die oftmals unentschiedene Haltung in der Frage nach angemessener staat-licher Repräsentation jener Zeit wider. Von Fachleuten vielfach gerühmt, blieb der Kanzlerbungalow manchen Nachfolgern von Erhard eher fremd. Trotz seiner sehr speziellen Funktion übte er aber vor allem auf westdeutsche Architekten einen nicht unerheblichen Einfluß aus. Nach einer umfassenden Sanierung dient es in Zukunft unter anderem als Ausstellungsort. Andreas Schätzke ist Architekturhistoriker in Berlin. Zu seinen Forschungsgebieten zählen Architektur und Städtebau im Nachkriegseuropa und die Beziehungen zwischen Architektur und Politik im 20. Jahrhundert. Joaquín Medina Warmburg lehrt Baugeschichte an der Technischen Universität Kaiserslautern. Ein Schwerpunkt seiner bisherigen Arbeit liegt in der Analyse von Phänomenen des internationalen Kulturaustauschs auf den Gebieten der Architektur und des Städtebaus. Paul Swiridoff (1914-2002) gehörte zu den renommiertesten Photographen der frühen Bundesrepublik. Seit den 1950er Jahren machte er sich vor allem mit seinen Städtebildern und Porträts einen Namen. 1967 veröffentlichte er über Sep Rufs Bau den Bildband Der Bungalow.