Beschreibung
'Nirgends wirkt Sprachkunst exotischer, zugleich anregender auf mich als im Werk von Miron Bialoszewski. Der ausgewiesene Sonderling der polnischen Nachkriegsliteratur und Guru einer ganzen Generation linguistisch orientierter Dichter betritt die schmale Buchstabenbühne gern in Gestalt vielfältiger Verwandlungen. Dabei verwortspielt er nicht selten die eigene namentliche Existenz. Mal stellt er sich als verkappter Märtyrer der Poesie dar, um als monosyllabisches Phantom seiner selbst und bis zur Wortsinnlosigkeit zerkasteiter >yen< sogleich wieder abzutreten, ein andermal entlarvt er sich - im Rausch adjektivisch besuffixt - als >Bialoszewskiger< dem die Kontrolle über sich und schier alle Ähnlichkeit mit ihm selbst zu entgleiten droht. Gleichwohl kommt dem ins Weichseljenseits verzogenen >Korridorianer< (>korytarzowiec<) niemals die Sprache abhanden, dies umtriebige Wundertier und seherische >Ausflugswesen< (>stworzenie wylotu<), das er aussendet, die >schienene Endlosigkeit< (>niekonczyn szyn<) von Versen zu erkunden.' So Dagmara Kraus über den polnischen Dichter, den sie ins Deutsche übersetzt und mit dem sie eine sprachübergreifende Zwiesprache pflegen will.
Autorenportrait
Dagmara Kraus, geboren 1981 in Wroclaw, Polen, lebt heute als Autorin und Übersetzerin in Hildesheim, wo sie derzeit die Juniorprofessur für Literarische Prozesse der Gegenwart innehat. Zuletzt erschienen von ihr liedvoll, deutschyzno (2020) und ihre Übersetzung von Gedichten Bialoszewskis in dem Band M'ironien (2021). Für ihr Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet, zuletzt 2021 mit der Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung und dem Lyrikpreis Meran.