Beschreibung
Gessen, Schmirchau, Lichtenberg, Culmitzsch, Katzendorf, Sorge – das sind die Namen von Dörfern im Osten Thüringens, die nach dem Zweiten Weltkrieg dem Uranbergbau in der SBZ /DDR weichen mussten. Dort wurde unter höchster Geheimhaltung das Erz für Moskau abgebaut – für die Herstellung sowjetischer Atomwaffen und für die Kernenergie. Als die Bagger anrückten und die Dörfer zerstörten, war ein öffentlicher Protest der Bewohner unmöglich. Wer sich wehrte, hatte mit ernsthaften Konsequenzen zu rechnen.
Annerose Kirchner hat Zeitzeugen befragt, die froh waren, endlich Gehör zu finden. Sie erzählen die Geschichte der verschwundenen Dörfer und ihrer Bewohner, berichten von den Brüchen in den Biografien. Die Autorin ordnet die Ereignisse in die DDR-Geschichte ein und stellt weitergehende Fragen: Was ist aus den Menschen geworden, die damals zwangsumgesiedelt wurden und ihre Heimat verloren? Wie sieht die Landschaft heute aus?
Autorenportrait
Annerose Kirchner: Jahrgang 1951; geboren in Leipzig; 1976 – 79 Literaturstudium in Leipzig; 1979 Übersiedlung nach Gera, dort am Theater als Dramaturgiesekretärin, Regieassistentin, Pressereferentin tätig; seit 1989 freie Autorin und Journalistin.
Zahlreiche Veröffentlichungen, u. a. »Keltischer Wald« (Bucha 2001); »Traumzeit an der Geba. Geschichten aus Thüringen« (Weimar 2005).
Rezension
Das Buch erinnert an ein nicht bewältigtes Stück der deutschen Historie, an Altlasten unter dem frischen Grün. Es gibt den Betroffenen in Thüringen und Sachsen Trost und Genugtuung. In manchen Passagen zeichnet Annerose Kirchner ein Sittenbild des ländlichen Raums. Und konsequent fördert sie eine »Geschichte von unten«: Die Zeitzeugen verknüpfen Daten mit Erinnerungen, Bildern, Emotionen; so wird Vergangenheit für den Leser lebendig.
Uwe Stolzmann, Deutschlandradio Kultur
Um den Blick auf die Gegenwart zu schärfen, stellt die Autorin Bezüge her zum kulturlandschaftsverschlingenden Braunkohlebergbau der Gegenwart, ohne freilich wesentliche Unterschiede der politischen Systeme zu verwischen.
H.-J. Föller, Rheinischer Merkur
Ein dringend notwendiges Buch. (...) Annerose Kirchners literarische Reportage gewinnt ihre Qualität durch eine vielschichtige sprachliche Realisierung. Sie konfrontiert die Lebensgeschichte ihrer Leute, deren Häuser und Höfe ins Nichts versanken, mit der kalten Sprache der Akten oder mit dem hohlen Ton öffentlicher Verlautbarungen.
Martin Straub, Mitteldeutsche Zeitung
Annerose Kirchner ist ein berührendes Buch gelungen, das mehr ist als nur eine Chronik.
Torsten Unger, mdr Thüringen
Das fatale Wismut-Erbe wurde größtenteils getilgt, die damit verbundenen Traumata aber nicht. Annerose Kirchners Buch führt uns einmal mehr einfühlsam vor Augen, dass große Geschichte vor allem von den kleinen Leuten geschrieben und durch Erzählen bewahrt wird.
Kai Agthe, Das Blättchen