Beschreibung
In der Vermittlung von Musik im allgemeinen und Jazz im besonderen ist nicht mehr die analytisch-kritische Auseinandersetzung gefragt, sondern dessen marktgerechte Inszenierung. Es wird damit zunehmend nicht nur das Hören verlernt, sondern auch die Fähigkeit zur Kritik als aufwändige Arbeit. Die lohnt aber auch kaum: Weil angesichts der Schnelligkeit und der Wucht des Kulturbetriebes die Konsumenten ohnedies zunehmend überfordert scheinen. Und sie nährt auch nicht: Weil Texte über Jazz dramatisch unterbezahlt sind; wenn ihnen überhaupt Raum gegeben wird. So führt eins zum anderen: die Jazzkritik in Österreich gibt es nicht. Es hat sie hierzulande aber auch kaum je gegeben. Als sich der Begriff 'Jazz' zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts in die heimischen Redaktionsstuben geschlichen hatte, waren es - im Gegensatz zur Entstehung einer selbständigen Jazzkritik in den USA - vorwiegend Musikwissenschafter oder Journalisten klassischen Zuschnitts, die sich dem neuen Phänomen zumeist polemisierend widmeten. Während in den 1930er Jahren in den USA eine neue Journalistengeneration antrat und Magazine wie das DownBeat gründete, während amerikanische Zeitungen eigene und gut ausgebildete Jazz-Kritiker zu beschäftigen begannen, wurde in Europa der Jazz (und die Befassung damit) im NS-Mist des Labels Entartete Kunst entsorgt. Nach dem 2. Weltkrieg fanden sich in Österreich dafür vom Jazz besessene Musik-Fans, die begannen, über Jazz-Konzerte und -Musiker zu schreiben. Auf diesem Humus entwickelte sich eine redaktionelle Beschäftigungs-Tradition, die bis heute Kontinuität besitzt: Fachlich kaum ausgebildete Fans als Kritiker; ein schönes Hobby, dem auch manch Prominente zwischen Starkolumnisten und Sexgurus fröhnten. Die eigentliche Aufgabe von Kritik, eine nachvollziehbare Lesart des Hörens, eine Brücke zum Verständnis zu schaffen, ist damit nie wirklich erfüllt worden.