Beschreibung
Hirschmans Suche nach den Antriebskräften der wirtschaftlichen Entwicklung und nach den Wechselwirkungen zwischen Ökonomie und Politik sowie zwischen Moral und Markt hat stets dazu geführt, dass er die Grenzen zwischen den zuständigen Disziplinen überschreitet und der herrschenden ökonomischen Lehre widerspricht. In seiner Vorlesung verfolgt Hirschman die Genealogie der Dichotomie privat/öffentlich zurück bis zur alttestamentarischen Unterscheidung zwischen niederen und höheren Werten („Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“). Er entdeckt – in Anknüpfung an Georg Simmel – in der Tischgenossenschaft eine Institution, in der beide Sphären verschmelzen. Die soziale und politische Funktion des gemeinsamen Tafelns ist für das Gemeinwesen gleichermaßen wesentlich wie ambivalent: Das antike Gastmahl kann als eine der ersten Einrichtungen der Bürgergesellschaft und Demokratie gelten; die Kehrseite zeigt sich in Geselligkeitsformen, die eine ganz andere Art von Gemeinsinn erzeugen – sie reichen vom rituellen Saufen in den Männerbünden des Wilhelminismus bis zur Stammtischrunde unserer Tage.
Autorenportrait
Albert O. Hirschman, 1915 in Berlin geboren, verließ Deutschland 1933 und emigrierte 1941 in die USA. Seit 1974 ist er Professor für Sozialwissenschaften am "Institute for Advanced Study" in Princeton.