Beschreibung
Die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes gehen auf die AV XVIII. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (DGAVL) in Innsbruck im Mai 2021 zurück und untersuchen ein breites Spektrum von Verblendungsphänomenen. Die Analysen beschäftigen sich aus ganz unterschiedlichen Perspektiven mit Literatur, Film, bildender Kunst, Theater, Musik und digitalen Medien, (Literatur)Wissenschaft und Philosophie, Alltagswelten und Populärkulturen. Sie widmen sich Phänomenen wie (Sinnes-) Täuschungen, Lügen, Trugbildern und -reden, Kaschierungen, Verkleidungen, Ver- und Enthüllungen, Gespenstern, Geheimnissen, Buchfassaden, Überschreibungen, Wahn und Träumen, Maskierungen, Intrigen, Mimikry, Metamorphosen, Pseudonymen, Entgrenzungen, dem Grotesken.
Inhalt
Sebastian Donat, Alena Heinritz, Magdalena Leichter und Martin Sexl
»Einleitung«
Claudia Blümle
»Nach Tische wird die Aldobrandinische Hochzeit […] aufgezogen.«
Inszenierte Seherlebnisse vor Goethes Bildvorhang
1. Von Verblendungen und (Sinnes-)Täuschungen in der Literatur
Elena Fabietti
»A Dioptrical bee-hive«.
Die Repräsentation von Innerlichkeit zwischen Sichtbarkeit und Verblendung in Laurence Sternes Tristam Shandy
Waltraud Fritsch-Rößler
Die Liebe, die Sonne, die Jagd.
Zur Überblendung von ›Verblenden‹ und ›Blenden‹ in Gottfrieds von Straßburg Tristan
Helmut Grugger
Zum literarischen Diskurs des (Un-)Eigentlichen am Beispiel der Erschütterung des Erzählens in Franz Kafkas Romanfragment Das Schloß
Joachim Harst
Verblendung oder Erleuchtung?
Lesen bei Cervantes und Coetzee
Viktoria Müller
»Ich war ein Wunderkind! Ein blindes Wunderkind! War das herrlich!«
Die erblindete Musikerfigur in Petra Morsbachs Roman Der Cembalospieler
Claudia Schmitt
Verblendung(en) in Zeiten des Krieges in Romanen von William Boyd und Alex Capus
Caroline Scholzen
»Augenruhe« trotz »gestörter Meridiane«.
Zu Ingeborg Bachmanns Erzählung Ihr glücklichen Augen
Oliver Völker
»What do you see?«
Verblendung, Blindheit und Sichtbarkeit in Melvilles Moby-Dick; or, The Whale
2. Von Philosophie, (Welt-)Literatur und (Literatur-)Wissenschaft
Peter Brandes
»Abdruck des universalen Verblendungszusammenhangs«.
Zur rhetorischen und narrativen Funktion der Verblendungsthese in Adornos Homer-Lektüre
Kyung-Ho Cha
»Like a small volume of Shakespeare lying open in the dust of a boundless desert.«
Zur Evolutionstheorie und naturhistorischen Epistemologie in Vladimir Nabokovs Dar
Corinna Dziudzia
Nationalliterarische Wissenstradierungen als Verblendungen?
Über das Ausblenden heterogenen Wissens
Peter von Möllendorff
Trugreden oder Selbsterfindungen.
Camouflierendes Erzählen in der Odyssee
Stavros Patoussis
»Es will Täuschung, es lebt von der Täuschung…«.
Zur systematischen Stellung der Täuschung in Nietzsches Vorreden von 1886
Philipp Sperner
Das Erbe des Eurozentrismus oder: Literaturwissenschaft im Rausch der Weltliteratur
3. Von Buchkünsten, Alltagswelten und Populärkulturen
Martin Fritz
Drag als literarische Kategorie?
Alena Heinritz
Literatur »von Wohnung zu Wohnung«.
Der private Wohnraum in der Entropie der Corona-Pandemie
Alexandra Müller
Überschreibungen, Kaschierungen und Schwärzungen.
Traumatische Schrift-Fassaden in Text-Bild-Installationen von Jenny Holzer und Alfredo Jaar
Julia Nantke
Zwischen Fassade und Verkleidung.
Der Paratext in literarischen Texten um 1800
Jonas Nesselhauf
Die Unschärfe der Pornographie.
Darstellungen des Sexuellen bei Benoîte Groult und Thomas Ruff
Stephan Packard
Nur ein Athen gewesen?
Zu einem Motiv des aufklärerischen Misstrauens gegen das Publikum populärer Fiktionen nach Lessing
Monika Schmitz-Emans
Buchfassaden
Rebecca Erika Seewald
Whitening of History.
Samba und Brasiliens Mythos der »Rassendemokratie«
4. Von Theater, Film und digitalen Medien
Kathrin Ackermann-Pojtinger
Fälschung im Film.
Fiktive Werkgenesen im Subgenre des Kunstfälscherfilms
Ingeborg Jandl
Realitätsverluste zwischen Liebesbegehren und religiösem Wahn.
Literatur und Film aus Kroatien, Russland und dem Iran
Magdalena Leichter
Trugbild, Traum und Täuschung.
Rotoskopie und Verblendung in Robert Linklaters A Scanner Darkly und Raphael Bob-Wakspergs und Kate Purdys Undone
Dejan Lukovic
»You must always make more than just the part you want them to see«.
Täuschung als ästhetische Praxis in der Raumkonstruktion von Videospielen
Koku G. Nonoa
Zur Verblendung und der Anagnorisis als Geste im Theater
Julia Prager
Theater-Texte und die Intrige medialer Verblendung (Schwarzwasser)
Annette Simonis
Mimikry und Metamorphose.
Mensch-Tier-Transformationen in Les Métamorphoses du Serpent Blanc im ost-westlichen Kulturtransfer
5. Von Geheimnissen, Heimsuchungen und Geistern
Ángela Calderón Villarino
Ningunear – maskiertes Schreiben in Formen und Formeln.
Poetiken des Mexikanischen bei Octavio Paz und Antonin Artaud
Raul Calzoni
Der verblendende Vampir »en masque«.
Bram Stoker, E.?T.?A. Hoffmann und Théophile Gautier
Katharina Fürholzer
Im Namen des Maskenspiels.
Pseudonyme zwischen Gesichtsverlust und Ehrerhalt
Yuuki Kazaoka
Zur Rolle des Pseudonyms Adam in Hans Leybolds literarischem Programm Gegen Zuständliches
Isabel Kranz
Von den entdeckten Geheimnissen der Pflanzenwelt.
Aspekte einer »Theorie der Blumen«
Beatrice Nickel
Verblendung und ihre Folgen.
Zum religiösen Fanatismus bei Voltaire und Kesten
Mariam Popal
Verblendung – Unverborgenheit, Geheimnis, Marranität.
Verblendung als (intersektionaler) BeDeutungsprozess in Gertrud Kolmars Die jüdische Mutter und Toni Morrisons Beloved
Alexandra Rassidakis
Spielarten des Wunderbaren in der Neophantastik.
Die »angereicherte« Realität zwischen Gewinn und Verblendung
Christiane Solte-Gresser
Verblendung, Verdrängung, Heimsuchung.
Träume in Täterromanen von Edgar Hilsenrath und Marcel Beyer
Kirsten Von Hagen
Der Vampir als Figur der Verblendung.
Reflexionen zu Gautiers La morte amoureuse
Biobibliografische Notizen