Beschreibung
Die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Deutungskämpfen um Migration, Ethnizität und Rassismus gehört seit den 2010er Jahren zu den prägendsten, aber auch umstrittensten Tendenzen des Gegenwartstheaters. Die hier vorgelegte Studie geht von der Einsicht aus, dass sich die Potentiale und Ambivalenzen postmigrantischer und rassismuskritischer Theaterarbeiten besonders häufig in komischen Darstellungsformen manifestieren. In kritischer Erweiterung der in jüngster Zeit wieder verstärkt geführten Debatte um das Politische in den performativen Künsten unternimmt sie eine Neubestimmung eines vieldiskutierten Topos der Komik- und Lachtheorie: der notorisch ungesicherten Unterscheidung von Mit- und Auslachen, Komik und Lächerlichkeit. Ausgehend von dieser komischen Differenz entfaltet die Studie eine Theorie politischen Theaters, die sich im Überschneidungsbereich von Theatralitätsforschung, postfundamentalistischer Gesellschaftstheorie und marxistischer Hegemonietheorie situiert.
Inhalt
Inhalt
1 Einleitung ..................................................................................................... 11
Komik und Lächerlichkeit: eine unergründliche Differenz? 22
Aufbau und methodisches Vorgehen 35
2 Zum theoretischen Spannungsverhältnis von Komischem und Politischem .......................................................................................... 41
Das Komische als performatives Grenzphänomen ............................. 43
Überlegenheit, Inkongruenz und Entlastung: Die drei großen Erklärungsansätze der Komik- und Lachtheorie .... 46
Zur Ausdifferenzierung von Lächerlichem und Komischen ein theoriegeschichtlicher Abriss ............................................................ 53
Platon und Aristoteles: Die Komödie als Zähmung des Lächerlichen ......................................................................................... 56
Thomas Hobbes: Die politische Verwerfung des Komischen ........... 75
Shaftesbury: Die Probe des Lächerlichen und Humor als sensus communis ................................................................................... 86
Zwischenfazit: Die komische Differenz als ‚Paradigma der Modernitätserfahrung‘? ..................................................................... 103
3 Ein unvollendetes Projekt zwischen Karneval und Kulturindustrie: Zur Theorie des Komischen nach und mit Michail Bachtin und Theodor W. Adorno ......................................................................... 124
Michael Bachtin: Die frühneuzeitliche Lachkultur als Modell einer Karnevalisierung des Politischen .................................................. 127
Theodor W. Adorno: „Das Kollektiv der Lacher parodiert die Menschheit“ – Vom falschen Lachen in der falschen Gesellschaft ..... 149 4 Humor und Hegemonie: Zum theatralen Gefüge des Lächerlichen 170 Wie viel Karneval steckt im ‚Theater‘ der Migration? Ethnischer Humor als ambivalentes Politikum ................................... 173
„Ein Lehrstück über Rassismus“ – Im Grenzgebiet von Theater von Alltagsrassismus .................................................................................. 190
Angst und Empörung: Exkurs zur affektiven Ökonomie rassistischer Komik ..................................................................................... 207
Wi(e)der ein Lob der Ironie: Über die falschen Freunde des Komischen ............................................................................................ 227
„Ick bin ein Obama“ – Das Risiko der Lächerlichkeit und die Chance des Komischen .............................................................. 244
5 Konflikt und Gemeinschaft: Komische Situationen im Postmigrantischen Theater ................................................................. 263
Verrücktes Blut: Die Ironie eines Erfolgsstücks ......................... 267
(K)ein Beitrag zur Integrationsdebatte: Verrücktes Blut als Verwirrspiel mit der „Kanakenselbsthassnummer“ ....................... 271
„Lachen ist hier Kriegsführung“ – Über asymmetrische Lachkollektive ............................................................................................. 280
Common Ground: Zwischen komischer Vergemeinschaftung und dezentrierter Solidarität .................................................................... 292
Zwei Außenseiter zwischen den Fronten: Orit Nahmias und Niels Bormann als komische Strukturfiguren in Common Ground ............................................................................. 294
Humor ohne Hegemonie? Zwischen Tabubruch und Entlastung des deutschen Gedächtnistheaters .......................................................... 309 6 Regel und Ausnahme: Komische Darstellungsstrategien als Suspension des Politischen ................................................................. 100
Populismus im Theater: Jilet Ayse Am Königsweg ......................... 324
„Na, gar nicht so schlecht für ein’ Kanaken, wa?“ Ein satirischer Fremdkörper in Am Königsweg .............................. 336
Politik als Farce? Zur politischen Beurteilung von Idil Baydars Gastauftritt .................................................................... 347
Wiederholung als Unterbrechung: Playblack ................................ 360
Eine kritische Hommage an die Wiederholungschleifen der Kulturindustrie .................................................................................... 362
„Ein bisschen Spaß muss sein“? ............................................................... 375
7 Fazit .............................................................................................................. 386
Literatur ....................................................................................................... 395
Aufführungsverzeichnis ............................................................................ 427
Abbildungen ............................................................................................... 428