Beschreibung
Die Erschließung von Öl- und Gasfeldern in großen Meerestiefen stellt die Offshore-Industrie vor neue Herausforderungen. Für die Installation der Förderanlagen müssen schwere Bauteile sicher und präzise auf dem Meeresboden positioniert werden. Die dafür eingesetzten Tiefseekrane werden auf schwimmenden Plattformen oder Schiffen installiert, wo sie ständig Wind und Wellen ausgesetzt sind. Die durch den Seegang verursachte Bewegung des Schiffs erschwert die Bedienung des Krans erheblich und macht eine exakte Positionierung der Last nahezu unmöglich. Infolgedessen kommt es zu langen Brachzeiten der Schiffe, da derartige Absetzvorgänge nur bei ruhiger See durchgeführt werden können. In der vorliegenden Arbeit werden modellbasierte Methoden zur aktiven Kompensation des Seegangs vorgeschlagen. Das auf dieser Basis entwickelte Kompensationssystem führt zu einer Entkopplung der vertikalen Lastbewegung von der durch den Seegang hervorgerufenen Schiffsbewegung, wodurch Tiefseehübe auch bei starkem Seegang sicher durchgeführt werden können. Gleichzeitig reduziert das System die vorherrschenden dynamischen Kräfte, sodass sowohl die Kranstruktur als auch das eingesetzte Hubseil geschont werden. Die Grundlage des abgeleiteten Konzepts bilden mathematische Beschreibungen der bei einem Tiefseehub beteiligten Teilsysteme. So werden zunächst neben der Schiffs- und Krandynamik auch die Dynamik des Windenantriebs sowie die Seil-, Last- und Bodendynamik modelliert. Die gegenseitigen Verkopplungen und Wechselwirkungen der einzelnen Teilsysteme werden dabei explizit berücksichtigt, sodass die Modelle sowohl einen modellbasierten Regelungsentwurf als auch eine umfassende simulative Validierung des Konzepts ermöglichen. Im Anschluss an die Modellbildung werden Methoden und Ansätze zur Realisierung der aktiven Seegangskompensation vorgeschlagen. Diese beinhalten neben der eigentlichen Kompensations- und Regelungsaufgabe auch die Erfassung und Prognose der zu kompensierenden Vertikalbewegung. Die Schätzung der Vertikalbewegung erfolgt dabei mittels einer adaptiven Filterung, wobei die optimalen Filterparameter über eine numerische Optimierung bestimmt werden. Die auf Basis der geschätzten Bewegungsverläufe vorhergesagte Vertikalbewegung ermöglicht schließlich die prädiktive Planung von Referenztrajektorien durch einen Modellregelkreis, der die Dynamik und die physikalischen Beschränkungen des Windenantriebs explizit berücksichtigt. Infolgedessen lässt sich die Ansteuerung als Folgeregelung in Zwei-Freiheitsgrade-Struktur mit prädiktiver Störgrößenaufschaltung realisieren. Durch die prädiktive Kompensation der vom Seegang verursachten Störungen wird ein gutes Folgeverhalten hinsichtlich der Handhebelvorgaben des Kranfahrers erzielt. Die explizite Berücksichtigung der Dynamik des Windenantriebs sowie der Seil- und Lastdynamik beim Regelungsentwurf garantiert zudem ein robustes Kompensationsverhalten. Das entwickelte Konzept wurde sowohl anhand von Simulationsergebnissen als auch experimentell am Prüfstand validiert. Darüber hinaus wurde die Funktionalität des Gesamtsystems bei einer Hochseeerprobung gezeigt.