Beschreibung
Der Sikh und der Abendwind – Eine Facebook-Liebe
Über Facebook lernt Elisabeth Meru den jungen Sikh Chamanjit aus dem Distrikt Tarn Taran, Punjab, Indien, kennen. Zwischen beiden entsteht eine virtuelle Mutter-Sohn-Beziehung, bis sie seiner Einladung folgt und beide erkennen, dass sie einander lieben.
Wie nebenbei erhält man einen Einblick in die Lebensgepflogenheiten der Sikhs.
Der süßlich-würzige Duft von Heu. Du neben mir, nah vertraut. Mein Gesicht verliert sich in deiner Halsbeuge. Wie glatt sie ist, deine braune Haut. Meine Lippen spüren ihre Wärme und die Gischt winziger Schweißperlen. Ich höre mich in der uns umgebenden Stille tief Atem holen, und wie er mich seufzend schwer wieder verlässt. Du legst deinen Arm um meine Schultern und ziehst mich noch näher an dich heran. Du und ich liegen Haut an Haut. Wir sind eins, sind der ungeteilte Himmel. Über uns wölbt sich ein anderer, der ewig hellblaue des Punjabs; wolkenlos.
Es knistert und raschelt im Heu, als du dich u-vermittelt aufrichtest und mich mit einer schnellen Bewegung unter deinem muskulösen Körper birgst. Unser beider Gewicht lässt uns noch tiefer ins Heu einsinken, das uns wie ein Freund vor neugierigen Blicken schützt. Du hältst mich mit einer Kraft umschlungen, als liefe ich sonst fort. Warum sollte ich das tun wollen, wenn zwischen dir und mir ein Liebesmärchen gesponnen ist, dessen Verknüpfung wir nicht erahnen konnten? „Oh, du erdrückst mich“, sage ich. Da lockerst du zärtlich lächelnd deine feste Umklammerung. „Mere sanam?“, fragst du.
„Hanji?“
„Heute …“
„Still. Lass uns nicht daran denken.“ Während ich das sage, fühle ich uferlose Traurigkeit und Verlorenheit sich meiner bemächtigen, denen ich mich nicht entziehen kann. Als Tränen aus meinen Augenwinkeln rinnen, nimmst du mein Ge-sicht in deine Hände und streichst sie mit deinen Mittelfingern fort. So behutsam, als seien sie die zarten Flügel eines Schmetterlings. Ich fange deinen liebevollen Blick auf, tauche ein in deine klaren, offenen und ernsten Augen. „Pscht“, flüs-terst du mit sanfter Stimme, als sei ich ein kleines Mädchen, „pscht, nicht weinen. Alles ist gut.“
„Nichts ist gut. Heute … warum? Warum nicht morgen, übermorgen oder nie? Mere yar, liebe mich. Liebe mich, wie du mich nie zuvor geliebt hast und nach mir nie wieder eine Frau lieben wirst.“