Beschreibung
Die Familie hat sich als eine unerwartet stabile Institution erwiesen - trotz oder gerade wegen der Abgesänge, die regelmäßig auf sie angestimmt werden. Diese Fortdauer beruht weniger auf einem durch Eltern- und Kinderliebe geprägten Innenleben als auf einem unablässigen Grenzverkehr, der zwischen der Familie und ihrer Außenwelt vermittelt. Er reguliert, welche Positionen und Dynamiken aus der Familie aus- und welche in sie einzuschließen sind. Und mit einem Mal zeigt sich, dass sich gerade an der Grenze zum Reich der Familie viele höchst unterschiedliche Fragen stellen: Um was für eine Art Beziehung handelt es sich bei der Ehe, wenn sie als bürgerlicher Vertrag verstanden wird? Wie verhält sich die Zeitlichkeit von Fortpflanzung und Sexualität zur erträumten Statik zeitloser Familienidyllen? Wie lässt sich das Dienstpersonal aus dem intimen Zirkel en famille ausschließen? Welche Veränderungen sind zu erwarten, wenn die Seitenverwandten - die Onkel, Tanten, Cousinen und Schwäger - der Familie ökonomisch assistieren? Und wie kann die Ehe ohne religiöse Sanktion gesellschaftliche Ordnung stiften? Lässt sich moderne Kindheit ohne den Schutzraum der bürgerlichen Kleinfamilie denken? Und last but not least: Welche Traumstoffe und Bilder werden in den Innenraum der Familie importiert und wie werden sie unter der Hand bereinigt? Um das eigentümliche Überleben der Familie zu verstehen, muss man die Konstellationen untersuchen, in denen gerade Fragen nach den Grenzbedingungen der Familie virulent werden. Das tun die Autorinnen und Autoren dieses gemeinsam geschriebenen Buchs, indem sie die Familie in ihren historischen Formationen von der Ausbildung im 18. Jahrhundert bis hinein ins 20. Jahrhundert in den Blick nehmen. Dabei befragen sie literarische, sozialreformerische und medizinische Texte ebenso wie aufklärerische und rechtshistorische Abhandlung