Beschreibung
Das "Heilige" rechtfertigt weltweit die Gewalt. Im Namen des Heiligen wird enteignet, bedroht, vergewaltigt, gemordet. Warum aber legitimiert das "Heilige" die Gewalt des Menschen gegen den Menschen in unserer postmodernen, säkularen Gegenwart? Wie vollzieht sich die Gewalt des Heiligen in Kunst und Wissenschaft, Religion und Politik? Welche aktuellen Beispiele gibt es für diese Dynamik? Zuletzt: kann man überhaupt den Wirkzusammenhang der Gewalt mit dem Heiligen jetzt oder zukünftig im Hinblick auf ein friedliches Zusammenleben der Kulturen überwinden? Dorchains Studie spannt den Bogen zur Gegenwart und setzt den Begriff des Heiligen in Verbindung mit philosophischen Theorien der Gewalt bei Hannah Arendt, Walter Benjamin, Max Weber und vielen anderen. Wo das Heilige Gewalt legitimiert, definiert es sich selbst als "souveräne Macht". Giorgio Agamben glaubt, dass der tötbare Bürger, der einer souveränen Macht völlig ausgeliefert ist, das Menschenmodell der Postmoderne sei. Diese Studie zeigt jedoch, dass das Modell des tötbaren Bürgers als solches aus dem Heiligen stammt und daher in modernen Gesellschaften ein Atavismus ist. Die Anmaßung, dass Menschen sich zum Souverän über andere Menschen erheben, ist eine vormoderne Anmaßung. Das Paradigma der Moderne ist nicht der tötbare "homo sacer", sondern der "homo liber", das vor Gewalt geschützte Rechtssubjekt. Doch dieses Paradigma ist bedroht.
Autorenportrait
Claudia Simone Dorchain, Studium der Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte in Freiburg und Saarbrücken, 2004 Promotion über Meister Eckhart Postdoktorandin im Kolloquium "Jüdische Studien" an der Humboldt Universität zu Berlin.