Beschreibung
Der ,mentale Gallizismus', den man R. Daríos modernismo bescheinigte, hat Ende des 19. Jahrhunderts bereits eine lange Geschichte in Lateinamerika hinter sich. Denn französische Lebens-, Denk- und Schreibstile erfreuen sich seit der Unabhängigkeit auf dem gesamten Kontinent einer ausgeprägten Wertschätzung, deren kultursoziologische Auswirkungen die Untersuchung auf dem Feld der hispanoamerikanischen Erzählliteratur erkundet. In Frage steht der kreative Übertragungsprozess, der sich in der narrativen Aneignung prestigeträchtiger Diskursimporte aus Paris vollzieht und der jenseits des Atlantiks sicheres Renommee verheißt. Dass gerade die transkulturelle Bearbeitung des Fremden - französischer Prätexte, Darstellungsmuster und Ideenformationen - die Herausbildung eigener, dezidiert hispanoamerikanischer Literaturen befördert, leitet als Basisthese die Studie, die zugleich medien- und wahrnehmungsgeschichtlichen Veränderungen Rechnung trägt. Vier Fallstudien etablieren mithin eine Genealogie transkulturellen Erzählens, die Schlüsselsemantiken des geistigen Klimas aufnimmt und Globalisierungsnarrative, Ursprungsnarrative sowie Krisennarrative als dominante Modellierungstypen im hispanoamerikanischen Roman des 19. Jahrhundert ausmacht.
Autorenportrait
Priv.-Doz. Dr. Kurt Hahn lehrt romanische Literaturwissenschaft an der Universität Würzburg.