Beschreibung
In diesem Band werden die abschließenden Erörterungen der Untersuchungen über die Wahrheit vorgelegt, die Thomas von Aquin zwischen 1256 und 1259 in Paris verfasst hat. Obwohl der Gesamtzusammenhang keiner strengen Systematik folgt, lässt sich klar eine Zweiteilung erkennen. Nachdem im ersten Themenblock Fragen im Zusammenhang der Erkenntnis nachgegangen wird, geht es im zweiten Themenblock, einsetzend mit der Frage 21 Über das Gute (Bd. V, erschienen 2012) um Problemstellungen im Umfeld der menschlichen Bestimmung. In den beiden ersten Quaestionen zur Sinnlichkeit und zu den Affekten (25. und 26. Frage) wird Thomas als ein sensibler Phänomenologe sichtbar, der mit einer großen Fülle an Beobachtungen aufwarten kann. Die sinnliche Dimension des Menschseins bekommt auch anderwärts in dieser Epoche eine Eigenbedeutung, doch bildet die Theorie des Thomas von der Einheit des Menschen die entscheidende Voraussetzung dafür, diesen Fragestellungen eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die abschließenden Untersuchungen (27.-29. Frage) haben den Begriff der Gnade zum Gegenstand. Hier wird auf eine geradezu klassische Weise formuliert, wie innerhalb der christlichen Tradition es zu denken ist, dass der Mensch seine Bestimmung erreicht, zu der er aus eigener Selbstbestimmung nicht imstande ist. Dabei handelt es sich aber nicht um eine theologische Spezialfrage, denn die von Thomas aus der Antike rezipierten Konzepte der menschlichen Vermögen und Handlungsweisen werden hierzu neu durchdacht. Was die bereits zweite Auseinandersetzung des Thomas mit den genannten Fragen erbracht hat, wird hier in einer neuen und vollständigen Übersetzung vorgelegt.
Autorenportrait
Thomas von Aquin kommt um 1225 in Roccasecca bei Aquino zur Welt. Gegen den Willen seiner adeligen Familie tritt er während des Studiums in Neapel dem Dominikanerorden bei. Weitere Studienjahre in Paris und Köln bei Albertus Magnus folgen. 1252 beginnt Thomas die eigene Lehrtätigkeit zunächst in Paris, später in Italien, schließlich in Rom mit verschiedenen Ämtern im Vatikan. In seinen Vorlesungen stellt er bedeutende Kommentare zu Aristoteles vor, die bis heute grundlegend für die christliche Glaubenslehre sind. Hatte Thomas bereits in dem Frühwerk Über Seiendes und Wesenheit die Grundzüge seines philosophischen Denkens - den Realunterschied zwischen "Sein" und "Wesen" -dargelegt, folgt mit der Summe der Theologie eine didaktisch-systematische Darlegung fast aller philosophisch-theologischen Lehrgebiete. Dieses Handbuch zur Ausbildung der Dominikaner soll das Ungleichgewicht zu ungunsten der Dogmatik beheben und sich nicht auf Moraltheologie und Beichtpastoral beschränken. Die Einbeziehung aristotelischer Lehren in die Philosophie und Theologie hat bereits zu Lebzeiten Thomas von Aquins heftigen Widerspruch zur Folge, mehrere Sätze werden als häretisch verurteilt. Dennoch setzt sich seine Lehre durch, 1323 wird er heiliggesprochen und im 16. Jahrhundert in den Rang eines Kirchenlehrers aufgenommen. Thomas von Aquin hinterläßt mehr als 80 Schriften und stirbt 1274 auf einer Reise zum Konzil in Lyon.