Beschreibung
Die Kategorie ‘Zigeuner’ der deutschsprachigen Enzyklopädien vor 1780 war vorwiegend eine Sammelbezeichnung. Sie diente dazu, unterschiedliche Gruppen von sogenannten «freiwilligen Vaganten», die man als besonders kriminell und die Sicherheit gefährdend etikettierte, zu erfassen. Vor dem Hintergrund des humanwissenschaftlichen Paradigmenwechsels um 1800 wurde in der «Sattelzeit» aus der primär sozialen eine ethnische Kategorie. Im Ergebnis wurden ‘Zigeuner’, in Rekurs auf die vergleichende Sprachwissenschaft und die Berichte englischer Missionsgesellschaften, als der ‘innere Orient’ des ‘zivilisierten Europas’ konstituiert. Diese diskursanalytische Arbeit leistet eine Re- und Dekonstruktion enzyklopädischer Wissensproduktion zu ‘Zigeunern’ zwischen 1700 und 1850. Sie sieht sich damit als Beitrag zu den gegenwärtigen Debatten in den Geschichts- und Kulturwissenschaften um Gedächtnis und Erinnerung, die auf eine kritische Reflexion von Entwicklungen «langer Dauer» zielen.
Autorenportrait
Die Autorin: Vera Kallenberg, geboren 1978, studierte u. a. Geschichte und Germanistik in Berlin und Köln. Derzeit ist sie Doktorandin am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main und arbeitet an einer Dissertation zu «Judenmenschen in Frankfurt vor Gericht (1780-1864): Transgressionen von Eigentumsordnung, Geschlechterräumen und Gewaltbefugnissen in Kriminalakten von Jüdinnen und Juden als histoire croisee».
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