Beschreibung
Der Balkan liegt weit hinten, wo Europas Wirklichkeit sich krümmt. Schon Goethes Faust sah staunend auf das Gebiet, wo "die Völker aufeinanderschlagen", und Bismarck war das Land zwischen Ägäis und Donau, Bosporus und Adria nicht die gesunden Knochen eines pommerschen Musketiers wert. Gerne hat Europa weggesehen, doch das sprichwörtliche "Pulverfaß" hat immer wieder Feuer gefangen, und seine Flammen schlugen dem Kontinent entgegen. Ein Bindeglied zwischen Okzident und Orient könnte der Balkan sein, doch die jahrhundertealten Brücken liegen heute in den Flüssen Donau, Drina oder Neretva - voller Haß zertrümmert von Serben, Kroaten, Moslems, von der NATO. - "Was ist passiert? Was ist wirklich passiert?" Richard Wagners umfassendes Balkanbuch ist das Resultat einer jahrzehntelangen Beschäftigung mit der Region. Hinter einem Schleier aus Mythen, Folklore und Propaganda sucht er nach den Gründen für die jugoslawische Katastrophe. Er befragt die Geschichte, analysiert die Kulturen, Religionen, Nationsformen des Balkan und schildert die eigenen kuriosen und eindringlichen Erlebnisse, die ihm auf seinen zahlreichen Reisen in das Innere dieses Landes widerfahren sind. "Der Balkan hat viel mit uns zu tun. Mehr, als wir denken, und mehr, als wir zu denken bereit sind." Zigeunermusik und Gulags, Klöster und Mafiosi, Milosevic und Lenau, das prächtige Sternenzelt der Orthodoxie, der leere Himmel über dem Jetzt - ndl-Preisträger Richard Wagner porträtiert ein fernes, nahes Land, das er wie kein Zweiter kennt: profund und sehr persönlich.
Autorenportrait
Richard Wagner, geboren 1953, ist Autor von Lyrik und Prosa sowie Journalist und Essayist. Geboren im Banat, begann er im Kreis der Aktionsgruppe Banat engagierte Lyrik zu schreiben. 1987 konnte er mit seiner damaligen Frau Herta Müller in die BRD ausreisen und lebte seitdem in Berlin. Er starb im März 2023. Veröffentlichung mehrerer Gedichtbände, ausgezeichnet u. a. mit dem Sonderpreis des Leonce-und-Lena-Preises und dem Förderpreis des Andreas-Gryphius-Preises. 2014 wurde ihm das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen.