Beschreibung
Wolfgang Friedrich behandelt Problemfragen der Säkularisation des Kirchenguts im Rahmen der hessischen Reformation in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. In Hessen klagten wie in anderen Territorien verschiedene geistliche Institutionen gegen den Landesherrn. Diese Prozesse besaßen aufgrund der herausgehobenen Stellung von Landgraf Philipp als einer Zentralfigur der deutschen Reformation eine besondere Bedeutung. Wegen des Versuchs, die evangelische Reformation formal mit Mitteln des Reichsrechts zu bekämpfen, läßt sich die religiöse und politische Kontroverse der Zeit nicht von den reichs- und kirchenrechtlichen Problemen trennen. Die Einziehung des Kirchenguts bedurfte nicht nur der theologischen, sondern auch der rechtlichen Legitimation. Neben die Protestation als Verwahrung gegen die Reichsgesetzgebung trat daher konsequenterweise die Nichtanerkennung der Reichsjustiz durch die Rekusation der altgläubigen Richter. Und der Schmalkaldische Bund diente formal als Schutz gegen die Vollstreckung belastender Urteile im Exekutionsverfahren. In diesen Fragen gewannen die Juristen und juristisch gelehrte Verwaltungsbeamten wie der hessische Kanzler Johann Feige an Bedeutung. Das Buch leistet damit zugleich einen Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des frühabsolutistischen protestantischen Territorialstaats. Die Notwendigkeit der rechtlichen Absicherung wirkte sich positiv auf die Verwendung des Kirchenguts "zum gemeinen Nutzen" aus. Es stellte die Grundlage des hessischen Sozialstaats in der frühen Neuzeit dar, dessen sichtbare Nachwirkungen bis in die heutige Zeit reichen.
Autorenportrait
Geboren 1975; Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen; 2006 Promotion; Assistent am Lehrstuhl für deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht an der Universität Tübingen.