Beschreibung
Wie wirkte sich der Erste Weltkrieg auf die Lebensmittelversorgung der neutralen Schweiz aus? Dieser Frage geht die Studie am Beispiel von Basel-Stadt nach. Sie zeigt, wie eng verflochten Basel mit dem kriegführenden Ausland war. Auch wenn der Stadtkanton von militärischen Verwüstungen verschont blieb, war er materiell direkt vom Krieg betroffen. Der lokale Lebensmittelmarkt war dabei ein zentraler Ort der baselstädtischen Kriegserfahrung, die von Teuerung, Verteilkonflikten und Knappheit geprägt war. Die Autorin untersucht, wie der Krieg die Nahrungsmittelversorgung einer städtischen Gesellschaft beeinflusste, wie die Behörden auf Versorgungs- und Verteilungsprobleme reagierten und welche Folgen dies für die Ernährung der Zivilbevölkerung hatte. Die Verschiebung der Verhältnisse zeigt sich unter anderem in den Panikkäufen im Sommer 1914, im täglichen Grenzverkehr und in der städtischen 'Anbauschlacht'. Teuerung und Lebensmittelknappheit brachten die lohnabhängige Bevölkerung trotz Kriegskonjunktur in grosse Not. Gegen den Versorgungsmissstand reagierte der Staat erst 1916/17: Der Wucherhandel wurde bekämpft, Lebensmittel wurden kontingentiert und rationiert. Für die Bevölkerung wurden Volksküchen eingerichtet, und die Notstandsaktion ermöglichte zahlreichen bedürftigen Familien den Kauf von verbilligten Lebensmitteln. Die Ernährungsfrage war zentral und prägte nicht nur den städtischen Alltag, sondern auch die politische Debatte.
Inhalt
1 Erschütterungen im Gemeinwesen
1.1 Ernährung im Ersten Weltkrieg
Globaler Wirtschaftskrieg und lokale Kriegswirtschaft
Alltagsleben und Kriegserfahrung an der «Heimatfront»
1.2 Relevanz, Methode, Quellen, Aufbau
2 Ernährungswelten: Städtische Lebensmittelversorgung vor 1914
«Das Versorgungsgebiet einer Stadt ist heute die halbe Welt»
Verkaufen und einkaufen in der Stadt um 1914
3 Beschaffungswesen, Ausfuhrkontrolle und städtische Anbauschlach
3.1 Die Organisation der Lebensmittelbewirtschaftung
Erheben, berechnen und Vorräte verwalten
Die Gründung der staatlichen Lebensmittelfürsorgekommission
3.2 Grenzverkehr, Ausfuhrkontrolle und Schmuggelhandel
Der kleine Grenzverkehr in Basel
Blühendes Schmuggelgewerbe und ungenügende Grenzkontrolle
Der Ausfuhrschmuggel als Gefahr für die Landesversorgung
3.3 Hebung der Produktion und städtische Selbstversorgung
«Die Arbeit mit dem Spaten gehört zur Selbsterhaltung der Nation»
Von der Anbauförderung zum Produktionszwang
Intensivierung der Anbauschlacht
4 Der Lebensmittelmarkt im Krieg
4.1 Steigende Preise und Teuerungsbekämpfung
Erste Massnahmen
«Getrennt marschieren, aber vereint schlagen»
Von der kantonalen zur eidgenössischen Preispolitik
4.2 Alles eine Frage der Verteilung?
Milchnot – Verteilkrise und Knappheit in Basel
Die Rationierung
Reorganisation der Basler Lebensmittelfürsorgekommission
4.3 Das Kriegsfürsorgeamt im Jahr 1918
Den Mangel verwalten …
… und den Schwarzmarkt bekämpfen
4.4 Wissenslücken und statistische Mängel
Einschränkungen und veränderte Konsumgewohnheiten im Krieg
Von den Lebenshaltungskosten zum Reallohn – Lernprozesse einer Behörde
5 Fürsorgemassnahmen: Massenspeisungen und Notstandsaktion
5.1 Die Volksküche in Basel
Von «Rüstfrauen» und «Servierfräulein»
Es «haftet auch der Volksküche menschliche Unvollkommenheit an»
5.2 Die Notstandsaktion
«Normaler, jedoch nicht mehr auskömmlicher Verdienst»
Schwankende Normen: Einkommensobergrenzen und Existenzminimum
Schwieriger Abbau der Notstandsmassnahmen
6 Die Basler Lebensmittelversorgung in den Jahren 1914–1918
6.1 Phasen der Lebensmittelpolitik
6.2 Der Lebensmittelmarkt als Ort baselstädtischer Kriegserfahrung
6.3 Notstand und Wohlstand
7 Dank
8 Verzeichnis der Abbildungen, Grafiken und Tabellen
9 Abkürzungen
10 Quellen und Literatur
10.1 Archive
10.2 Zeitungen
10.3 Gedruckte Quellen und Literatur mit Quellencharakter
10.4 Sekundärliteratur