Beschreibung
Stanley Cavell gilt als einer der originellsten Köpfe der Gegenwartsphilosophie. Mit seinen Grenzgängen zwischen Philosophie, Literatur und Kulturwissenschaft hat er eine ganze Generation von amerikanischen Intellektuellen inspiriert. Im deutschsprachigen Raum hingegen wird er immer noch als Geheimtipp gehandelt. Dieses Buch lädt dazu ein, Cavell zu entdecken. Es wendet sich aber auch an Kenner, denen es einen neuen systematischen Blick auf Cavell bietet. Im Zentrum steht die Rekonstruktion von Cavells Begriff der eigenen Stimme. Der Autor schlägt einen Bogen über die gesamte Werkgeschichte und zeigt, wie Cavell immer wieder neue Denkkreise zieht um bestimmte Grundfragen der menschlichen Existenz, insbesondere um die Frage nach dem Umgang mit Unvollkommenheit, Fremdheit und Differenz. Es wird deutlich, mit welcher Konsequenz Cavell sein Leben lang an bestimmten Begriffen gearbeitet hat und wie dabei die Vorstellung der Bildung einer autonomen Stimme als Erziehungsziel von Erwachsenen immer weiter ausdifferenziert wird. Gefühle von Fremdheit, Entfremdung und alltäglichem Skeptizismus können durch die Entwicklung von Autonomie in der Sprache entkräftet werden. Das perfektionierte Gespräch mit der Welt ermöglicht sowohl eine Selbstverwirklichung wie auch eine geglückte Beziehung zur Gemeinschaft. Die systematisch ordnende Vorgehensweise erlaubt Hofer, die zeitgenössische Relevanz von Cavell herauszuarbeiten. Diese liegt vor allem in der von Cavell beschriebenen Möglichkeit, durch Autonomieentwicklung auf Erfahrungen von persönlicher oder gesellschaftlicher Entmachtung antworten zu können. Cavells Begriff der eigenen Stimme wird nicht nur als ein Erziehungsprojekt des einzelnen Subjekts verstehbar, sondern es werden auch die politischen Konsequenzen deutlich, welche diese spezifische Vorstellung von Erziehung haben könnte. Stanley Cavell geboren 1926, gilt als einer der interessantesten Philosophen Amerikas. Er war 1963-1997 Professor für Ästhetik und allgemeine Werttheorie an der Harvard University und Präsident der American Philosophical Association. Sein Buch 'Der Anspruch der Vernunft' (The Claim of Reason, 1979) gehört zu den grossen philosophischen Büchern des 20. Jahrhunderts.
Inhalt
Einleitung
1 Die eigene Stimme als semiotische Autonomie: Cavells Wittgenstein
1.1 Die Rückkehr der Stimme in die Philosophie
1.2 Die Entwicklung von semiotischer Autonomie
1.3 Cavells Alternative zum Originalgenie
2 Die eigene Stimme als Aufhebung von Entfremdung: Cavells «Walden»
2.1 Der Entfremdungsbegriff von Marx
2.2 Cavells Entfremdungsbegriff in «The Senses of Walden»
2.3 Vergleich zum Entfremdungsbegriff von Jaeggi
2.4 Cavells «Walden» und Freuds Psychoanalyse
2.5 Cavells Existenzialismus im Vergleich zu Kierkegaard
3 Die eigene Stimme als moralische Perfektion: «Cities of Words»
3.1 Einführung in den moralischen Perfektionismus von Cavell
3.2 Emersons Perfektionismus: Selbstvertrauen statt Konformismus
3.3 Die Suche nach dem Eigenen als gesellschaftlicher Wert
3.4 Erziehung in einem anerkennenden Gespräch
3.5 Moralische Perfektion als Narration einer Wiederverheiratung
3.6 Der Erziehungsbegriff von Cavell
4 Anerkennung als Gesellschaftstheorie
4.1 Vergleich mit Freuds Gesellschaftstheorie
4.2 Vergleich mit Meads Gesellschaftstheorie
5 Schlussbetrachtungen
5.1 Zusammenfassung und Rückblick
5.2 Cavell heute
6 Literatur